Rotterdam Marathon
Ein Reise- und Wettkampfbericht
April 2006
Rotterdam / NL
 
 

Freitag, 7.April:

Der Tag beginnt für uns (meine Frau Lilli & ich) sehr zeitig. 03:00 Uhr ist Tagwache. 04:15 Uhr - mein Coach Willi Pinter und Werner Petek vom HSV Bleiburg sind da und wir fahren gemeinsam in Richtung Flughafen Wien. 05:20 Uhr - in Gleisdorf nehmen wir die steirischen Marathonsammler Franz "Gaisi" Gaisberger (70 Marathons) und "Gustl" Zotzek (Jg.41 - 73 Marathons, etliche Ultra-Läufe) in Schlepptau. 07:00 Uhr - Ankunft in Schwechat, wo wir auf die beiden restlichen Mitglieder unserer 9-köpfigen Reisegruppe, Gerald Petz und seine Lisi, treffen. Pünktlich um 08:10 Uhr hebt unser Air Berlin-Flieger in Richtung Düsseldorf ab. Über den Wolken genießen wir das Frühstück. 09:40 Uhr - wir besteigen den ICE von Düsseldorf nach Utrecht. Über 160 km/h und man glaubt, der Zug steht. Toll! Von Utrecht nach Rotterdam fahren wir mit einem Regionalexpress. Um 13:30 Uhr erreichen wir schließlich unsere Bleibe für die nächsten drei Tage, das Savoy Hotel****. Wir erholen uns kurz von den Reisestrapazen und begeben uns danach zur Startnummernabholung ins beeindruckende World Trade Center. Durch die ruhige, aber zentrale Lage unseres Hotels können wir alle wichtigen Punkte (Start, Ziel, Einkaufsmeile,...) in nur wenigen Gehminuten erreichen. Rotterdam ist mit ca. 700.000 Einwohnern die größte Stadt Hollands und vor allem eine der reinlichsten Großstädte die ich bis dato gesehen hab. Bekannt ist Rotterdam vor allem durch Europas größte Hafenanlage (obwohl die Maas noch 35 km bis zum Meer zurückzulegen hat ) . Das Klima ist gemäßigt, die Natur schon deutlich weiter als bei uns und es bläst ein ständiger, strammer Wind. Die Bevölkerung ist sehr vielschichtig - zahlreiche Kulturen und Rassen leben hier friedlich vereint.
Nach einem kleinen Bummel beschließen wir den langen Tag mit dem obligaten Nudelessen bei einem Italiener.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Samstag, 8. April:

Heute ist Sightseeing-Tag. Doch zuvor, um 07:00 Uhr, absolvieren wir, Willi und seine 3 Jungs (Werner, Adam & i), einen lockeren Morgen-Jog über rund 5 km der windigen Maas endlang. Das ausgiebige und gute Frühstück danach schmeckt dafür umso besser. Wir treffen zwei Villacher, die 16 Stunden mit dem Zug hierher angereist sind. Einer davon ist Urban Kropfitsch, früher einer der besten Ultra-Langstreckenläufer des Landes.
09:00 Uhr - mit drei Taxis fahren wir zum Rotterdamer Zoo. Es ist sehr kühl und es regnet. Der Taxler prophezeit uns auch für morgen schlechtestes Wetter mit viel Regen und Wind. Na bumm!
Der Tiergarten, in dem wir uns 4 Stunden aufhalten, lenkt uns von allzu düstern Gedanken ab. Er ist sehr weitläufig angelegt (größer als Schönbrunn) und liebevoll gestaltet. Die Highlights sind u.a. ein beeindruckendes Ozeanium, das Affen- und Löwen-Gehege, sowie das tropische Schmetterlingshaus.
Am Nachmittag teilt sich unsere Gruppe auf und jeder ist für sich selbst unterwegs.
Um 18:30 Uhr treffen wir uns zum Abendessen. Es stellte sich als Fehler heraus, dass wir nirgends einen Tisch vorreserviert haben. Beim Italiener ums Eck geht unter 1,5-2 Std. Wartezeit gar nichts. Schließlich landen wir in einem Großen China - Wok - Restaurant mit Show-Cooking. Für einen Fixpreis kann man sein persönliches Menü zusammenstellen. Das rohe Fleisch und die Beilagen werden ausgewählt und dann von flinken Köchen direkt vor unseren Augen im Wok fertig gestellt. Für die großen Esser in unserer Gruppe ein wahrer Gourmet-Tempel. Als wir gegen 21:30 Uhr nach Hause marschieren, hat der starke Wind die letzten Wolken weggeblasen. Hoffentlich bleibt es so!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sonntag, 9. April:

Wettkampftag! 06:00 Uhr - der erste zaghafte Blick aus dem Fenster. Es ist wolkenlos und die Fahne vor dem Hotel bewegt sich kaum. Meine Stimmung steigt. Ich wecke Willi und wir lockern die Beine bei einem 3km Lauf. "Aktives Erwachen!" 07:30 Uhr - das Frühstück fällt heute etwas mager aus. Es will ja keiner zuviel mit sich herumschleppen. 10:00 Uhr - Gruppenfoto vor dem Hotel und ab geht’s zum Startbereich. Auf dem Weg dorthin zeigt sich, dass die Windstille am frühen Morgen nur die trügerische Ruhe vor dem Sturm gewesen ist. Es bläst heftig. Wir verteilen uns - jeder geht in dem ihm zugewiesenen Startsektor. Es hat 8°C - eigentlich ideal. Werner und ich stehen ganz vorne. Hoch über uns, auf einem Kran, beginnt einer etwas lauthals zu singen. Rund um uns heben alle die Hände und johlen mit - es ist die niederländische Hymne. Wir stimmen mit ein: " Land der Berge, Land..." und " Dort wo Tirol an Salzburg grenzt,... " . Die Stimmung ist am Höhepunkt. Dann ein Schuss und die Masse (in Summe ~ 10.000 Leute) setzt sich träge in Bewegung. Schon nach 30 Sekunden erreiche ich die Startmatte und drücke auf meine Uhr.
km 1: 4´12´´ - es ist kein Weiterkommen. Wir laufen über das Wahrzeichen der Stadt, die mächtige Erasmus-Brücke. Es geht bergauf. Links gibt eine Trommler-Gruppe ihr Bestes. km 2 in 3´59´´- ich versuche endlich einen Rhythmus zu bekommen. km 3 in 3´47´´ - nun hab ich endlich eine passende Gruppe zum Mitlaufen gefunden. Ich halte mich im Windschatten von zwei Holländern und einem Belgier auf, doch den heftigen Wind spürt man trotzdem.
km 5 - 19´53´´ - ich bin eigentlich zu langsam, doch es fällt schwer und kostet Kraft, das Tempo gegen den Wind zu halten. km 10 - 39´41´´ - in unserer Gruppe gibt es laufend Positionskämpfe. Jeder versucht, den optimalen Windschutz hinter den Vorderleuten zu finden. km 15 - passieren wir in 59´35´´. Immerhin ist das Tempo nun halbwegs gleichmäßig. Dem Belgier vor mir wird warm und er entledigt sich seines Langarm-T-Shirts im vollen Tempo. km 20 - eine Spitzkehre. Da läuft Werner - er ist nicht weit hinter mir. 21,1km - Halbmarathon in 1h23´46´´. Werner liegt 1´30´´ hinter mir. km 24 - während wir beim modernen Feyenoord-Stadion vorbeilaufen, kommt der Wind nun frontal von vorne. Durch ein dichtes Menschenspalier laufen wir bei km 26 ein zweites Mal über die Erasmus-Brücke. Willi begleitet mich einige Meter und reicht mir ein Gel. Er merkt, dass es heute nicht mein Tag ist. km 29 - es geht knapp an unserem Hotel vorbei. Selten war die Versuchung größer, rechts abzubiegen und dem Leiden ein Ende zu setzen. Nur der mir selbst auferlegte Ehrenkodex, nie wieder einen Marathon abzubrechen, bewahrt mich davor. Km 30 - 2h02´19´´ - die Spitzengruppe der Männer kommt mir auf der anderen Straßenseite entgegen. Deprimierend, die haben schon 40 km hinter sich. Der nächste Keulenschlag folgt bei km 31 - Werner überholt mich lockeren Schrittes. Ich wünsche ihm, dass er das Tempo durchziehen kann. Die nächsten Kilometer durch ein Naherholungsgebiet ziehen sich unendlich. Ich bin in einen Geh-Lauf-Rhythmus übergegangen. So kann ich mir wenigstens die schönen Villen am Straßenrand und das tolle Publikum näher anschauen. Km 38 - Willi begleitet mich wieder ein Stück - letzte Getränkeaufnahme. Kurz darauf komm ich mit einem Holländer ins Gespräch, der allen Ernstes behauptet, dass der Wind heute gar nicht so arg für Rotterdamer Verhältnisse sei. Ich frag mich: "Wie geht es da sonst zu? ". km 40 - 2h55´17´´ - da wollte ich schon längst im Ziel sein. Von der anderen Seite blärrt einer herüber "Armin" - es ist Gaisi, der schon wieder etliche Fotos auf der Strecke geschossen hat. Die Stimmung im Zielbereich ist wieder hervorragend - die Leute feuern jeden euphorisch an. Ein paar schnelle Schritte noch und nach 3h06´31´´ überquere ich die Zielmatte.
Eingehüllt in eine Alu-Folie mache ich mich auf schnellstem Wege auf zum Hotel.
Den anderen aus unserer Gruppe ist es deutlich besser ergangen. Werner bleibt noch unter 3 Stunden, ist aber auch etwas unzufrieden. Gerald und Adam laufen persönliche Bestzeiten. Gaisi und Gustl zeigen das, was sie immer drauf haben.

Werner PETEK 2h59´08´´ 344. Platz / Armin WASNER 3h06´31´´ 538. Platz / Gerald PETZ 3h18´10´´(pB) 1006. Platz
Adam ZELLNIG 3h24´05´´(pB) 1378. Platz / Franz GAISBERGER 3h45´40´´ 3026. Platz / August ZOTZEK 3h56´45´´ 4136. P.

Schon traditionell beschließt ein gemeinsames Steak-Essen diesen Marathon-Tag. Wir speisen vorzüglich und vernichten so nebenbei einige Liter "Heineken". Dabei kommt es noch zu einer lustigen Begegnung. Ein englisches und ein amerikanisches Ehepaar tragen stolz ihre Finisher-Medaillien auf der Brust durch das Lokal. Wir laden sie zu unserem Tisch ein, singen und trinken gemeinsam. Läuferische Völkerverständigung sozusagen. Gegen Mitternacht geht auch dieser Tag zu Ende.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Montag, 10. April:

Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Taxi zum Bahnhof und über Utrecht-Düsseldorf wieder zurück nach Wien, wo wir um 17:00 Uhr landen. Nach der Verabschiedung gehts mit dem Auto heim nach St. Paul.

FAZIT:

Eine aufregende Reise, in eine interessante, saubere Stadt mit freundlichen Menschen und allerhand Sehenswürdigkeiten. Auch wenn die Anreise etwas umständlich ist, so ist Rotterdam auf jeden Fall eine Reise wert. Auch Steirer und Kärntner haben sich in diesen Tagen gut vertragen (der eine oder andere Scherz war natürlich schon dabei). Ich freue mich schon jetzt darauf, wieder eine Reise für euch organisieren zu dürfen. 2007 wird uns diese, Anfang Juni, wahrscheinlich nach Stockholm führen.

   
 
   
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