Auf Nessie's Spuren

Ein Reise- und Wettkampfbericht
September 2016
Inverness / SCO
 
 

Freitag, 23.9.2016 

Schon um 04:00 Uhr morgens startet unsere nächste LG – Marathonreise. Es ist diesmal ein ganz besonderes Ziel, eine ganz besondere Veranstaltung. Ganz im Norden Schottlands, in den „Highlands“, findet am Sonntag der „15. Loch Ness Marathon“ statt. Es ist wieder ein sehr große Gruppe, die sich zu dieser Reise zusammengefunden hat. Mit meiner Frau Lilli holen wir zunächst die LG-Mitglieder Belinda & Hannes in Maria Rojach, sowie Wolfgang in Bad St. Leonhard ab. Nach und nach schließen sich die Steirer Gaisi, Helmut, Elli, Werner, Erich, Gertrud, Waltraud, Lisi, Bernd (ein Kärntner), sowie Dorli, Peter, Mario, Sonja, Ingrid, Heribert und Doris unserer Auto-Karawane an. Als wir dann am Schwechater P + R - Parkplatz noch meine Schwester Eva treffen, ist die 22-köpfige Gruppe komplett. Mit etwas Verzögerung hebt die Boing 737 der KLM genau um 10:00 Uhr ab und landet 90 Minuten später in Amsterdam Schipol. Nach dem kurzen Zwischenstopp (…wir müssen uns ordentlich sputen, um am großen Flughafen rechtzeitig zu unserem Gate zu kommen…) geht es mit einer Embraer 190 weiter an die schottische Ostküste nach Aberdeen. Dort landen wir um 12:40 Uhr Ortszeit (-1 Std.) bei Sonne und 13°C. Die dritte Etappe unserer Anreise werden wir mit dem Zug zurücklegen. An der nahen Bahnstation „Dyce“ drucken wir die vorreservierten Tickets aus und überbrücken die Wartezeit mit einem Imbiss in einem urigen Pub. Der klapprige, alte und vollbesetzte Zug fährt knapp zwei Stunden lang durch grüne, dünnbesiedelte Landschaften. Schafe, Kühe, Pferde und ein paar Whiskey - Destillerien prägen das Bild. Um 17:30 Uhr erreichen wir unseren Zielort „Inverness“. Mehrere Taxis bring uns in das schöne Hotel „Premier Inn Inverness East“. Im angeschlossenen Restaurant „Brewers Fayre“ essen wir gut und günstig zu Abend. Der lange Tag endet gegen 22:00 Uhr.

Samstag, 24.9.2016

Selten habe ich auswärts so gut geschlafen wie heute. Die Boxspringbetten sind äußerst komfortabel und die Lage (bei geschlossenem Fenster) sehr ruhig. Mit Peter und Heribert absolvieren wir einen 5 km Morgenlauf. Es ist sehr windig, bei milden 16°C. Das Frühstücksbüffet ist „britisch“, aber sehr umfangreich. Gut gestärkt marschiert die ganze Gruppe dann die rund 3 km zur Startnummernabholung ins Zentrum. Im „Bught Park“ sind zwei große Zelte aufgebaut. Rasch und unbürokratisch erhalten wir ein Kuvert mit der Nummer und integriertem Chip. Mehr gibt es erst nach dem Zieldurchlauf. Generell muss man sagen, dass hier alles ganz relaxed abläuft. Alle Helfer und auch die Einwohner der Stadt sind sehr freundlich und durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Vor einem riesigen, aufgeblasenen „Nessie“ machen wir noch ein paar Gruppenfotos. Danach verbringt Jede(r) den Nachmittag auf seine Weise. Wir unternehmen eine Sightseeing – Rundfahrt (Hop-on/ Hop-off) durch Inverness. Dabei sehen wir viele kleine Häuschen, alle mit gepflegtem Rasen und reichlich Blumenschmuck. Die Natur ist hier noch sehr grün und in voller Blüte. Auch das Preisniveau in den Lokalen (Übrigens – absolut Rauchfrei – und trotzdem sehr gut besucht!) ist angenehm moderat. An den nur sehr schwer verständlichen, schottischen „Slang“ werde ich mich aber wohl nie gewöhnen. Den ganzen Tag über ist es stark bewölkt, mit kleinen sonnigen Abschnitten und ganz kurzem Nieseln. Das stört die wetterfesten Schotten aber nicht. Während wir uns wohlig warm verpackt durch die Stadt bewegen, gehen die Einheimischen teils mit kurzen Hosen, offenen Schuhen und kurzärmlig herum. Beim Abendessen – wieder im Hotel – werden die Erlebnisse des Tages ausgetauscht. Leider gibt es auch eine traurige Nachricht. Mario´s verletzter Knöchel wird morgen nicht einsatzfähig sein und so muss er schon heute w.o. geben. Treffpunkt und Abfahrtszeit werden noch vereinbart und dann begibt sich jeder zur Ruhe.

Sonntag, 25.9.2016  -  Wettkampftag!

Nach einer guten Nacht erwache ich um 04:30 Uhr. Draußen ist es wolkig bei 11°C – das sollte passen. Die 10 km – LäuferInnen können noch länger schlafen. Für uns Marathonis allerdings offeriert das Hotel heute ein „Early Bird – Frühstück“ schon um 06:30 Uhr. Zwei Toasts mit etwas Butter und Honig, dazu ein Kaffee und dann warten auch schon die Taxis auf uns. Diese bringen uns ganz nah zum Abfahrtspunkt der Busse. Beim „Ice- Rink“ haben sich schon viele der rund 3.000 Starter eingefunden. Ganz artig, wie auf der Insel üblich, wird eine lange Schlange gebildet und die Helfer verteilen die Läufer auf die Busse. Wir erwischen den einzigen „Doppeldecker“. Abfahrt ist um 07:30 Uhr. Entlang des Nordufers des „Loch Ness“ (Anm.: Die Seen heißen in Schottland „Loch“. Es ist verpönt „Lake“ zu sagen!) geht es in gemütlicher Fahrt dahin. Die Stimmung ist super (Danke, Gaisi !). Wir durchfahren kleine Orte mit klingenden, gälischen Namen wie „Drumnadrochit“ – „Balchraggan“ und „Dochgarroch“. Nach einer Stunde Fahrtzeit erbarmt sich der Fahrer den Wünschen einiger Läufer und stoppt für eine kollektive Pinkelpause – einmalig! Heribert hatte am längsten zu tun und hätte fast die Abfahrt verpasst. Uff – gerade noch geschafft! Diese Anreise zum Startbereich ist schon jetzt einzigartig. Wir passieren das berühmte „Urquhart Castle“ und biegen dann, am Ende des Sees in Fort Augustus, in eine steile Bergstraße ab. Der Motor heult auf und der riesige Bus quält sich im Schritttempo die enge, kurvige Straße hinauf. Als wir das Hochplateau erreichen ist noch immer kein Startbereich zu sehen. Die Szenerie erinnert stark an eine Hochalm auf 1.600 – 1.700 m bei uns zu Hause. Hier befinden wir uns aber auf gerade einmal knapp über 300 m Seehöhe! Nach genau 90 Minuten haben wir das Ziel (bzw. den Start!) erreicht. Vor den wenigen Dixi-Klos haben sich endlose Schlangen gebildet. Der ausdrückliche Wunsch des Veranstalters, sein „Geschäft“ nicht in der freien Natur zu verrichten, wird großteils ignoriert. 500 m nach den Bekleidungs – LKW´s symbolisiert ein kleiner Bogen den Start. Der Wind bläst heftig und trotz zweier Shirts ist mir kalt. Mehr als 8°C hat es nicht. Weit und breit ist kein Haus zu sehen. Wir stehen hier praktisch im Nirgendwo, auf einer engen Straßen, auf der „Alm“. Alleine logistisch ist das eine kleine Meisterleistung. Alles ist ganz relaxed. Drei Minuten vor dem Start marschiert noch eine Highschool-Band mit Trommeln & Dudelsäcken mitten durch die Läufer. Pünktlich um 10:00 Uhr geht es los. Die Stimmung ist einmalig – kitschig schön! Von den umliegenden Bergen auf der rechten Seite hat es leicht zu regnen begonnen und links von uns scheint die Sonne. Das Ergebnis – ein gigantischer Regenbogen. Ich denke, dass es kaum einen besseren Ort gäbe, um Szenen für „Bravehart“ oder „Highlander“ zu drehen. Gemeinsam mit Peter versuchen wir, die ersten, teilweise steil bergab führenden Kilometer nicht zu flott anzugehen. Schafe, Kühe und Pferde sind unsere einzigen Beobachter. Erst nach 3 km stehen vereinzelt ein paar Menschen. Wo die her gekommen sind, kann ich aber nicht sagen. Die ersten 7 km laufen wir allesamt knapp unter fünf Minuten. Dass wir dabei von Vielen überholt werden, stört uns nicht weiter. Bei Km 8 – der erste knackige Anstieg. Dieser läutet ein ständiges Auf und Ab ein. Km 10 erreichen wir nach genau 50 Minuten – vom See ist noch nichts zu sehen. Wir biegen links auf einen „Single Track“ ab und diese schmale Straße belaufen wir nun für die nächsten 15 km. Nach 80 Minuten ist der „Loch Ness“ erstmals zu sehen. Auf den zahlreichen Verpflegstationen werden von den gut gelaunten Helfern 0,3 l – Wasserflaschen und Gels angeboten. Vor Km 20 – die nächste kleine „Bergwertung“. Den zweiten 10 km – Abschnitt haben wir wieder genau in 50 Minuten absolviert. Der Asphalt ist zum Teil sehr grob und daher nicht ganz einfach zu belaufen. Vermehrt tauchen nun kleine, schmucke Häuschen auf. Bei einem sitzt ein älteres Ehepaar mit Tee auf dem Balkon und winkt uns freundlich zu. Die ersten, die uns anfangs großspurig überholt haben, beginnen nun zu gehen. Ich bin nur happy, dass mein Fuß nach den beiden Muskelfaserrissen hält. Durch das viele Bergablaufen spüre ich allerdings nach rund 25 km vermehrt meine Oberschenkel – Vorderseiten. Einfach ignorieren, denke ich. Bei Km 28 erreichen wir erstmals eine richtige, breite Straße und kurz darauf überholen wir Erich aus unserer Gruppe. Km 30 ist erreicht und ein Blick auf die Uhr zeigt, dass wir wieder ganz konstant (49´40´´) unterwegs waren. Was nun folgt, ist ein 2 km langer, schwerer Anstieg. Die „Heartbreak – Hills“ aus Boston lassen grüßen. Oben angekommen lese ich ein Schild welches besagt, dass es von nun an nur noch bergab geht. Na ja – gut gemeint, aber ganz so ist es nicht. Definitiv ist nur, dass mir beim Hinunterlaufen jeder Schritt schmerzt. Peter bleibt trotzdem treu an meiner Seite. Dies ist genau der Moment, wo sich die fehlenden Trainingskilometer auswirken. Bei Km 35 taucht wie aus dem Nichts Bernd vor uns auf. Ein kurzer Gruß uns ab nach vorne. Ich nehme allen Willen zusammen um nicht stehen zu bleiben. Auf den kleinen Gegenanstiegen geht es mir besser als Bergab. Peter könnte nun sicherlich schneller laufen, motiviert mich aber weiter. Bei zwei Trinkpausen gehen wir ein paar Schritte. Km 40 – und man hört auf der anderen Seite des „River Ness“ schon den Platzsprecher aufgeregt moderieren. Hier stehen nun wirklich viele Menschen und feuern uns frenetisch an: „Good run – well done!“ Auf der “Ness-Bridge“ geht es nochmals kurz bergauf und dann befinden wir uns schon auf der Zielgeraden. Der Wind bläst nun unerbittlich von vorne. 300 m vor dem Ziel ist Peter auf einmal weg. Ein anderer Läufer hat ihm mit seinem Rucksack schmerzvoll ins Auge geschlagen. Nach 3h35´11´´ überquere ich die Zielmatte – Peter kurz danach. Ich bedanke mich für seine großartige Unterstützung. Trotz der schwierigen Strecke (310 m Auf-, 550 m Abstieg) war es ein entspannter, sehr schöner und aufregender Lauf, den alle nicht so schnell vergessen werden. Wolfi, der es sehr ambitioniert angegangen ist, war unser Bester. Er und auch Hannes über die 10 km boten Spitzenleistungen. Ingrid konnte den Marathon wegen Achillessehnen – Beschwerden leider nicht beenden und erreicht das Ziel im Rettungswagen. Hier alle Zeiten aus unserer Gruppe:

42,195 km:

Wolfgang WILTSCHE - 3h11´46´´ - 78. Ges. von 2.468/ 17. M40

Armin WASNER - 3h35´11´´ - 324. Ges./ 27. M50

Peter     3h35´32´´  -  Bernd   3h39´47´´  -  Heribert   4h09´50´´  -  Erich   4h10´09´´  -  Helmut  4h31´28´´  -  Ingrid  DNF  -  Franz   5h09´09´´

10 km:

Hannes KITZ - 37´54´´ - 49. Ges. von 2.228

Werner   65´01´´  -  Doris  65´02´´  -  Lisi  65´02´´  -  Waltraud  65´03´´  -  Gertrud  65´03´´

5 km:

Eva WASNER      ohne Zeitnehmung

 

Es hat nun 13°C und der Wind bläst heftig. Es gibt eine schöne Medaille (…im Nessie-Design…), ein Shirt und ein reichlich gefülltes Goodie-Bag. Im Zelt erhalten wir eine Suppe und einen Hühner-Gemüse-Eintopf. Beim Verlassen des Zelts ist es einfach nur zum fröstelt. Mit dem Taxis fahren wir ins Hotel und ein heißes Bad bringt wieder ein paar Lebensgeister zurück. Für die meisten von uns klingt der Tag mit einem guten Abendessen und einigen Guinness im „Brewsers Fayre“ aus.

Montag, 26.9.2016

Heute früh zeigt sich Inverness von seiner bis jetzt schönsten Seite. Es hat zwar nur 6 °C, dafür gibt es viele blaue Stellen am Himmel. Der Tag wird sicher schöner, als das Schmerzgefühl in den Oberschenkeln. Für jeden von uns Marathonis sind die Stiegen heute eine besondere Hürde. Nach dem Frühstück verteilt sich unsere Gruppe. Helmut und Doris fahren zum höchsten Berg Britanniens, den „Ben Nevis“ (1.345 m) und erklimmen diesen. Andere machen eine geführte Tagestour durch die Highlands. Der Großteil, 15 von uns, entschließt sich zu einer Tour von Inverness zum Loch Ness, inkl. Bootsfahrt zum „Urquhart Castle“. Bei milden 16°C und Sonne entstehen unvergessliche Erinnerungsfotos. Dieser See ist 36,2 km lang, max. 2 km breit und bis zu 270 m tief. Er friert nie zu und hat eine konstante Temperatur von 5° - 6°C. Der Busfahrer erzählt uns während der Fahrt mit viel Humor allerlei Wissenswertes aus der Geschichte dieser Gegend. Um 17:00 Uhr endet diese Tour in der Innenstadt. Inverness selbst wächst sehr rasant und hat nun 72.000 Einwohner. Die Kriminalitätsrate und die Arbeitslosigkeit sind hier sehr niedrig. Der aufregende Tag klingt im Hotelrestaurant aus.

Dienstag, 27.9.2016

Kaum zu glauben, aber heute reisen wir schon wieder ab. Nach dem Frühstück bringen uns 4 Taxis (Taxisfahren ist sehr günstig) zum Bahnhof und um 09:00 Uhr verlassen wir diese schöne, gepflegte Stadt. Von Aberdeen aus fliegen wir mit der KLM und einem Zwischenstopp in Amsterdam zurück nach Wien, wo wir um 18:50 Uhr landen. Am Parkplatz folgt die kollektive Verabschiedung und um 22:30 Uhr sind wir wieder in St. Paul.

Fazit:

Inverness und die umliegenden Highlands sind in unseren Breiten als Reisedestination noch nicht so bekannt, aber sehr zu empfehlen. Freundlich – gepflegt – geschichtsträchtig. Um den Marathon dort gut zu überstehen, sollte man unbedingt das Bergablaufen trainieren. Und unsere Gruppe mit einigen „Neulingen“ hat, trotz des ungleichen Verhältnisses von 6 Kärntnern zu 16 Steirern, sehr gut harmoniert!

 

       
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