Sonne, Streik & viel mee(h)r

Ein Reise- und Wettkampfbericht
März 2016
Lissabon / POR
 
 

Freitag, 18. März 2016 


Um 03:00 Uhr morgens starten meine Frau Lilli, Petra, Andi und ich in Richtung Schwechat. Es geht heute zum 26. Lissabon Halbmarathon. Am Flughafen treffen wir Nina und Moritz, während die zweite Hälfte unserer Gruppe von Graz aus in die portugiesische Hauptstadt reist. Es ist immer wieder verwunderlich, was um 06:00 Uhr am Airport schon los ist. Um 07:47 Uhr hebt der Airbus A320 der Austrian ab. Nach einem Zwischenstopp in Stuttgart, fliegen wir mit Germanwings weiter und landen bei Regen um 11:57 Uhr Ortszeit (…wir müssen die Uhren eine Stunde zurückstellen…) in Lissabon. Die Stadt hat bei ca. 85 qkm rund 500.000 Einwohner. Nach dem Erwerb eines Tagestickets für die Metro fahren wir ins Zentrum und finden rasch unser schönes Hotel „My Story Ouro“. Dort treffen wir die zweite Hälfte unserer Gruppe: Carmen, Andrea, Margit, Martin, Christoph und Stefan. Im Hotelrestaurant speisen wir vorzüglich (…inkl. des ersten Sangrias…) und um 16:00 Uhr geht´s mit der Straßenbahn zur Startnummernabholung in den Westen der Stadt. Die Sonne scheint, als wir im „Centro Cultural de Belem“ ankommen. Gleich dahinter befindet sich die Marathonexpo. Die ist eher enttäuschend. Neben der Startnummer bekommen wir ein Funktionsshirt in gewöhnungsbedürftiger Farbe und das war´s auch schon. Wir nutzen danach die Gelegenheit die berühmteste Bäckerei der Stadt „Parteis de Belem“ (400 Sitzplätze!) zu besuchen. Die süße Spezialität des Hauses ist ein knuspriges Strudelteigtörtchen mit warmer Puddingfülle und Zimt obendrauf. Köstlich! Auf dem Rückweg fallen mir die vielen Häuser auf, deren Fassaden mit künstlerisch gestalteten Kacheln verziert sind. Dies ist ganz typisch für diese Region. Den Abend lassen wir in einer Bar auf der naheliegenden Fußgängerzone mit Live-Musik, Tapas und einigen Litern Sangria ausklingen. Befremdlich ist für mich nur, dass einem vor dem Lokal mehrmals ganz ungeniert Kokain & Marihuana angeboten wird!

Samstag, 19. März 2016 


Es ist trocken, bei 10°C. Um 06:30 Uhr starte ich zu einem kurzen Morgenlauf. Meine rechte Wade schmerzt seit einer Woche stark und ich will testen, ob es sich gebessert hat. Drei Kilometer später kehre ich mir der Erkenntnis „Alles beim Alten“ ins Hotel zurück. Ich weiß nicht, wie ich das Rennen morgen schaffen soll. Im kleinen Frühstücksraum genießen wir die erste Mahlzeit des Tages. Es sind zwar auch die Zimmer sehr klein, dafür ganz neu und sauber. Ein Teil unserer Gruppe begibt sich dann zur „Rue Garrett“, wo um 10:00 Uhr eine geführte Tour durch die Altstadt von Lissabon startet. Unser Guide „Franzisco“ ist ein lustiger Typ und sprich ein sehr schönes, leicht verständliches Englisch. 2,5 Stunden lang erfahren wir viel Geschichtliches und er zeigt uns die sehenswertesten Plätze der Stadt. Das Wetter ist Aprilmäßig: Zuerst Regen – dann Sonne – und das wechselt noch ein paar mal. Bei 14°C ist das aber leicht zu ertragen. Die Führung endet am großen Platz „Praca de Comercio“. Wir marschieren danach auf den nahe gelegenen Hügel mit dem schönen Schloss „Castelo de Sáo Jorge“. Von dort oben hat man einen super Blick über die schöne Stadt. Durch viele kleine Seitenstraßen und den „Praca Dom Pedro IV“ geht´s zurück ins Hotel. Da es wieder zu regnen begonnen hat, essen wir dort zu Abend.

Sonntag, 20. März 2016  -  Wettkampftag!


Nach einer ruhigen Nacht wache ich mit einer starken Ungewissheit auf. Wie wird mein 71. Halbmarathon verlaufen? Komme ich durch? Draußen ist es stark bewölkt bei 8°C und es ist auch wieder Regen angesagt. Nach dem Frühstück um 07:00 Uhr treffen wir uns eine Stunde später zum Abmarsch vor dem Hotel. Andrea, Stefan, Martin, Andreas und ich sind für den HM gemeldet. Mit der Metro („Blaue Linie“) fahren wir zunächst nach „Sete Rios“ und zwängen uns dann in den heillos überfüllten Zug, der zum Startbereich fährt. Menschen mit Platzangst sind hier absolut fehl am Platz. Im Ortsteil „Almada“ steigen wir aus und wandern die 1,5 km zum Startbereich, direkt neben der dem Original in Rio nachempfundenen Christusstatue „Cristo Rei“: 28 m hoch, auf einem 75 m hohen Sockel stehend, 1959 erbaut. Hier spannt sich auch die Brücke „Ponte 25 de Abril“ über den größten Fluß Portugals, den „Tejo“ (Die zweite große Brücke der Stadt, die „Vasco da Gama“ mit einer unglaublichen Länge von 17 km steht etwas weiter östlich). Die Sonne kommt raus und erwärmt die Szenerie gleich deutlich. Beim Start um 10:30 Uhr hat es angenehme 14°C. Es ist ein mühsames Weglaufen. Da es keine zeitliche Voreinteilung gibt, stellen sich viele – an Selbstüberschätzung leidende Starter – viel zu weit vorne hin und müssen im „Zick-Zack“ umrundet werden. Zudem laufen wir teilweise über ein grobes Gitter, was auch bremst und Kraft kostet. Erst nach 5´20´´ habe ich den ersten Kilometer absolviert. Schon jetzt wird mir Gewiss, was ohnehin anzunehmen war: Mit diesen Schmerzen in der Wade komme ich nicht weit. Mit letzter Willenskraft kämpfe ich mich bis Km 5, wo Lilli, Petra & Margit stehen und beende dann schweren Herzens das Rennen. Nach 70 HM unter 1h30´ ist es der erste Ausstieg. Trotzdem war es klug, denn ich hätte keinen Meter mehr laufen können. Später diagnostizierte man einen Muskelfaserriss in der Wade. Ich marschiere mit den Damen die 2 km bis ins Ziel. Unglaublich, welche Menschenmassen hier unterwegs sind. Über 10.000 im HM und 20.000 (…vorwiegend Walker!) über 7 km. Andreas finisht in sehr guten 1h34´57´´. Martin läuft mit dem 2-Stunden Pacemaker ein und bleibt mit 1h57´53´´ noch deutlich darunter. Stefan erreicht 2h07´28´´ und Andrea 2h26´06´´. Die Rückreise zum Hotel ist etwas chaotisch. Durch den einsetzenden Regen kommen wir zu einer unfreiwilligen Stadtrundfahrt. Der Abend klingt am Ufer des Tejo in einem urigen Fischlokal gemütlich aus.

Montag, 21. März 2016


Der Tag beginnt mit 9°C und leichter Bewölkung. Am „Praca de Comercio“ erwartet uns heute eine ganz besondere Aktivität: Eine 3-stündige Segway – Tour durch Lissabon. Ab 09:30 Uhr gibt uns Guide „Peter“ zunächst eine umfassende Einführung auf diesem „Gefährt“. Die anfängliche Scheu und Skepsis weicht bei Jedem ganz schnell. Unglaublich wie leicht das Ding zu manövrieren ist und wie flott man damit die steilsten Kopfsteinpflasterstraßen hinauf und hinunter fahren kann. Wir fahren zu den schönsten Aussichtspunkten und die Zeit vergeht wie im Flug. Inklusive zweier Imbisse kostet der Spaß moderate € 69,--. Das war es auch wert. Danach flanieren wir über den Prachtboulevard „Avenida de Liberdade“ und durch den schönen „Parque Eduardo VII“. Da ein plötzliches Hagelgewitter aufzieht, verschlägt es uns in ein großes Einkaufszentrum. Den Abend beschließen wir in unserer Stammkneipe mit ein paar Gläsern Sangria.

Dienstag, 22. März 2016

Ein wunderschöner Tag wird durch die Nachricht vom Terroranschlag in Brüssel abrupt ins Gegenteil umgekehrt. Ein Teil unserer Gruppe sollte mittags genau dorthin fliegen. Jeder ist tief erschüttert. Viel früher als geplant fahren wir zum Flughafen, um noch einen anderen Heimflug zu bekommen. Wir sind zum Glück ganz weit vorne in der Schlange, die sich vor dem Brüssel Airlines – Schalter rasch gebildet hat. Lilli, Petra, Andi und ich ergattern 4 Plätze auf einer Swissair – Maschine nach Zürich und dann weiter nach Wien. Moritz und Nina reisen über Frankfurt nach Hause. So nimmt eine schöne Reise ein letztlich glückliches, aber auch sehr trauriges Ende..

 


       
 
   
 
   
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