Sonne, Streik & viel mee(h)r

Ein Reise- und Wettkampfbericht
November 2015
Valencia / ESP
 
 

Diese LG – Reise ist schon vor ihrem Beginn etwas ganz Besonderes. Zum einen war ich noch nie mit 26 (!) Personen unterwegs und zum anderen macht der Streik des Lufthansa – Kabinenpersonal alle Planungen zunichte. Bei 43 (!) Auslandsreisen, die ich bis dato organisiert habe, ist mir sowas noch nie passiert. Ach ja – wo geht es überhaupt hin? Der 35. Valencia Marathon an der mittelspanischen Ostküste ist unser Ziel. Erst 20 Stunden vor dem Abflug werden unsere Flüge von Wien nach Frankfurt und weiter nach Valencia annulliert. Umbuchen ist nur über das Lufthansa Service Center möglich – doch dort hebt auch nach Stunden (Wirklich!) keiner ab. Alles ist komplett überlastet. Somit ist Improvisation angesagt.

Freitag, 13.11.2015

Ohne zu wissen wie und ob wir diese Reise überhaupt durchführen können, fahren meine Frau Lilli und ich um 02:00 Uhr zu Hause weg. In Framrach stoßen Karoline & Dieter, Lisi 1 & Gerald, Marianne & Robert, sowie Lotte & Willi mit Tochter Lisa zu uns. In Gleisdorf nehmen wir dann die Steirer Lisi 2 & Bernd, Elli & Werner und Walter & „Gaisi“ in Schlepptau. In Leobersdorf kommen noch Dorli & Peter und Sonja & Mario dazu. Um 04:30 Uhr erreichen wir die P & R – Anlage in Schwechat, wo Schwester Eva sowie Danica & Kevin bereits auf uns warten. Die Schnellbahn S7 bringt uns dann rasch zum Flughafen, wo noch Belinda & LG-Mitglied Hannes unsere große Gruppe komplettieren.

Es folgt ein „Geduldsmarathon“ am Lufthansa – Schalter. Hannes & Belinda ergattern die letzten beiden Plätze in einem Flieger nach Brüssel – Madrid – Valencia. Schwester Eva wird als Einzige auf Wien – Zürich – Valencia gebucht. Und wir, die restlichen 23, stehen immer noch ohne Perspektive da. Mein Appell nach Kreativität fruchtet dann doch bei einer der Damen und so sitzen wir schon kurz darauf in einem Airbus A 330-300 der Air China auf dem Flug nach Barcelona. Um 09:30 Uhr landen wir bei 18°C in der katalanischen Hauptstadt. Mit der Regionalbahn geht´s Richtung Hauptbahnhof, wo wir um 12:00 Uhr den Zug nach Valencia besteigen. Diese Bahnfahrt – als Zufallsprodukt entstanden – hätte man nicht besser planen können. Es geht durch schöne Landstriche, links das Meer und rechts die Berge, sowie viele Orangen- und Olivenplantagen. Nach den stressigen letzten Stunden, genießen wir nun diese Anreise so richtig. Sehr entspannt kommen wir nach 3h45´ Fahrzeit in Valencia an. Zu Fuß marschieren wir zu unserem Hotel, dem großen „Senator Parque Central“. Und wie es sich für einen „Freitag den 13.“ gehört, macht die sehr pflichtbewusste Rezeptionisten noch Faxen beim Check - In (…obwohl eigentlich alles klar ist !). Nach einer gefühlten Ewigkeit gibt sie den Widerstand auf und wir können die Zimmer beziehen. Als wir uns um 18:30 Uhr wieder treffen, trudeln Belinda & Hannes gerade erst ein. Auf ihrer umständlichen Anreise ist leider ihr Gepäck abhandengekommen – „Freitag der 13.“ eben! Wir schlendern zur Startnummer – Abholung, die sich in der „Ciudad de las Artes y las Ciencias“ befindet. Gleich hinter diesem modernen Gebäudekomplex – der „Stadt der Künste und Wissenschaften“ – wird am Sonntag das Rennen los gehen. Wir erhalten die Nummer, ein schönes Shirt und die wichtigsten Infos für den Renntag. Nach dem Abendessen im Hotel endet dieser sehr ereignisreiche „Freitag der 13.“ für uns um 22:00 Uhr! 

Samstag, 14.11.2015  -  07:00 Uhr.

Anders als bei uns ist es hier noch finster. Peter, Dieter, Gerald, Mario und ich treffen uns zum gemütlichen Morgenlauf. Wir erkunden den Weg zum Startbereich. Es hat angenehme 12°C und nach 35 Min./ 6 km sind wir wieder zurück. Nach einem kurzen Schock im Lift (Lilli und ich stecken 10 Min, fest !), schmeckt das Frühstück gleich noch besser. Wir beschließen, mit den oben offenen „Hop on – Hop off“ Bussen die Stadt zu besichtigen. Die erste Route „B“ führt uns von der Altstadt ans Meer. Dort steigen wir aus und staunen über die zahlreichen Menschen, die am breiten, sauberen Strand ein Bad nehmen. Es hat bereits 23 °C! In einem tollen Restaurant genießen wir eine ortstypische „Paella“ und dazu ein „Cerveza“ (Bier). Danach führt uns der Bus zurück zum Ausgangspunkt und wir steigen auf die Route „A“ um, die den modernen Norden und das historische Zentrum anfährt. Die Stadt hat wirklich viel zu bieten. Architektonische Perlen und schön renovierte Bauten in der Innenstadt, lange Alleen mit sechsspurigen Straßen und den modernen, schnell wachsenden Norden. Zudem beeindruckt die „grüne Lunge“ der Stadt. Das Erholungsgebiet zieht sich auf einer Länge von über 6 km quer durch die Stadt. Hier wurde ein ehemaliges Flussbett trocken gelegt und in dem durchgehenden Park viele Freizeitmöglichkeiten (Sport- und Spielplätze, Rad- und Gehwege) geschaffen. Einmalig!

Um 17:00 Uhr endet diese zweite Runde und wir steigen beim „Plaza de la Reina“ wieder aus. Die € 17,-- für das Tagesticket (€ 12,-- für uns Läufer!), waren sehr gut investiert. Auf dem Weg ins Hotel treffen wir Belinda & Hannes. Die Armen warten immer noch auf ihren Koffer. Nun müssen sie sich Zivil- und Sportgewand kaufen – sehr ärgerlich. Für das Abendessen haben wir das sehr beliebte Innenstadtlokal „La Tagliatelle“ gewählt. Zum Glück haben wir reserviert. Das Essen war sehr gut, aber das Service oder vielmehr die stets grimmig dreinschauende Chefin ein Witz. Kurz nach 21:00 Uhr werden wir regelrecht aus dem Lokal komplimentiert, weil die nächsten Gäste schon eine lange Schlange bis hinaus zur Straße bilden. Zu Fuß geht´s zurück zum Hotel. Um 22:45 Uhr überbringt mir Hannes zur Abwechslung einmal eine positive Nachricht – der Koffer ist da! Mit gutem Gefühl schlafen wir ein.

Sonntag, 15.11.2015  -  Wettkampftag!

Ich habe überraschend gut geschlafen. Heute zählt es. Da wird sich zeigen, ob ich das intensive, harte Training der letzten 10 Wochen umsetzen kann. Der Frühstücksraum ist um 06:00 Uhr schon mit vielen Läufern gefüllt. Ein perfektes Service vom Hotel! Vor dem Abmarsch um 08:00 Uhr werden noch die üblichen Fotos gemacht und dann schlendern wir gemütlich die 2 km bis zum Startgelände. Es ist wolkenlos bei 10°C. Bei der „Stadt der Künste und Wissenschaften“ mit seinen imposanten Bauten ist schon sehr viel los. Rund 15.000 Marathonis und 8.000 Läufer über 10 km, dazu die Begleiter – da wuselt es ordentlich. Dieter und ich begeben uns in den ersten, blauen Startblock auf der rechten Seite der Brücke, während der 10er auf der linken Hälfte gestartet wird. Fünf Minuten vor dem Startschuss wird es plötzlich völlig ruhig. Eine sehr emotionale Schweigeminute, untermalt von trauriger Geigenmusik – zum Gedenken an die vielen Opfer des Terroranschlags vor zwei Tagen in Paris – bewegt sichtlich Jede(n). Pünktlich um 09:00 Uhr, bei nunmehr 13°C, geht es los. Durch das dichte Spalier von Läufern komme ich zunächst nur langsam voran. Das ist mir aber durchaus recht, denn ich will es ja sehr kontrolliert angehen.

Km 1 – 4´27´´  Die Strecke führt zunächst zum Meer, der „Marina Reina Joan Carles I“ entlang. Schon hier stehen Massen an Zuschauern und viele Bands geben ihr Bestes.

Km 5 – 21´44´´  Den jetzigen Streckenabschnitt prägen lange Geraden auf breiten Straßen. Die Temperatur hat weiter zugelegt und durch die direkte Sonneneinstrahlung fühlt sich das gleich noch wärmer an.

Km 10 – 42´45´´  Wir passieren das „Estadio Valencia C.F.“ des lokalen Spitzenvereins in der „Primera División“. Bei Km 13 sind wir im nördlichsten Teil des Kurses und laufen auch am Stadion von „Levante U.D.“ vorbei.

Km 15 – 1h03´53´´  Lilli & Eva stehen am Streckenrand und ich bekomme meine erste Eigenverpflegung (Maltodextrin!). Auf der „Paseo Alameda“ ist die Hölle los. Unwahrscheinlich, was hier alles auf den Beinen ist.

Km 20 – 1h25´05´´  Wir sind nun wieder in Hafennähe und ich passiere den HM nach 1h30´15´´. Es ist vielleicht eine Spur zu langsam und so ziehe ich das Tempo weiter an. Wir laufen nun wieder ganz nahe am Start-/ Zielbereich vorbei. So nah und doch so fern!

Km 25 – 1h46´18´´ Das Tempo passt nun und ich bekomme eine weitere Flasche von meinem Team. Hier, in der historischen Altstadt, spenden die Häuser etwas Schatten, das tut gut. Die Leute stehen dicht an dicht und brüllen das unvermeidliche „Vamos!“. Mein Magen beginnt sich zu melden und wird rasch schlimmer. Ich nehme Tempo raus und schaffe es mit letzter Beherrschung in ein Dixi-Klo bei

Km 30 – 2h08´41´´. Rund fünf Minuten dauert dieser unplanmäßige Stopp. Wahnsinn – das ist mir in 55 Marathons noch nie passiert. Später erfahre ich, dass auch Dieter und Peter mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatten. Mir ist etwas schwindlig. Nach und nach versuche ich, wieder in einen langsamen Trab zu verfallen. Das ursprüngliche Tempo kann ich nicht mehr halten. 4´45´bis 4´30´´/ km sind es nun. Ich fühle mich geschwächt, die Beine wie Pudding.

Km 35 – 2h37´19´´ Die „Avenida del Cid“ führt schnurgerade ins Zentrum. Vorbei an der „Plaza de Toros“ mit der großen Stierkampfarena. Musik, frenetisches Publikum und ein ganz schmaler Korridor zum Hindurchlaufen. Ich versuche das Tempo so gut als möglich zu halten, aber der Magen meldet sich wieder.

Km 40 – 3h00´28´´ Nur weil die beiden Dixis neben der letzten Verpflegungsstelle geschlossen sind, gehe und trabe ich weiter. Trotz aller Probleme genieße ich diesen finalen Abschnitt. Es ist kaum in Worte zu fassen, was sich hier abspielt. Wir biegen von der Straße links ab in die „Stadt der Künste“. Eva reicht mir die rot-weiß-rote LG-Fahne, mit der ich die letzten 200 m „übers Wasser“ ins Ziel laufe. Dieses Finish ist einzigartig! 3h14´45´´ sind es schlussendlich geworden. In Anbetracht meine Magenprobleme und der mittlerweile 23°C noch OK. Eine schöne Medaille wird uns umgehängt und wir erhalten ein prall gefülltes Finisher - Sackerl (u.a. mit 1 kg Mandarinen). Von der Stimmung her war es einer der besten Marathons die ich je gelaufen bin – nur zu empfehlen! Die anderen Läufer aus unserer Gruppe bringen durchwegs tolle Leistungen.

Den Nachmittag verbringen wir im Hotel zur Erholung und beschließen mit einem späten Abendessen in der Altstadt diesen Tag. An die späten Öffnungszeiten der Speiselokale (20:00 Uhr!) werde ich mich wohl nicht mehr gewöhnen! 

Montag, 16.11.2015 

Die erste Nacht nach so einer Anstrengung ist, erfahrungsgemäß, nicht die Beste. Trotzdem fühlen sich meine Beine heute ganz gut an. Im Frühstücksraum ist es kühl und auch draußen hat es „nur“ 8°C – allerdings bei abermals wolkenlosem Himmel. Wir beschließen, zuerst der Markthalle in der Altstadt einen Besuch ab zu statten. Die „Mercado Central“ ist nicht nur als kulinarischer Einkaufstempel sehenswert, sondern auch ein architektonisches Juwel. Hier wird alles, was der Mensch zum Essen braucht, sehr appetitlich präsentiert, angeboten. Fleisch, Wurst, Serrano-Schinken, Obst, Gewürze, u.v.m. Ein absolutes Muss für jeden Valencia – Besucher!

Anschließend marschieren wir zur nahen „Catedral de Valencia“ und erklimmen nach gezählten 203 Stufen den Kirchturm. Die Wendeltreppe wird gegen Schluss hin immer enger und steiler. Doch die Mühe lohnt sich. Von da oben bietet sich uns ein traumhafter Blick über die dritt größte Stadt Spaniens mit seinen rund 800.000 Einwohnern. Wieder zu ebener Erd´ lassen wir uns von Taxis zum nächsten Highlight chauffieren (Anm.: Taxis sind hier extrem günstig. Wir haben nie mehr als € 4 – 7,-- bezahlt). Gleich hinter dem gestrigen Zielbereich lieg das „L´Oceanorgáfic“. In Europas größtem Ozeanium bekommen wir Läufer und unsere Begleiter 15 % Rabatt. Die Meeres – Unterwasserwelt wird hier in verschiedensten Bereichen gezeigt. Wir sehen Seelöwen, eine putzige Delphinshow, Belugas (…in sehr beengten Becken…), u.a. In einem 70 m langem Tunnel kommen wir den Haien sehr nahe, die über unsere Köpfe hinweg schwimmen. Das (sehr verspätete) Mittagessen genehmigen wir uns um 15:30 Uhr in der Innenstadt. Mit ein paar Getränken an der Hotelbar klingt dieser schöne Tag aus.

Dienstag, 17.11.2015

Unser letzter Tag und wieder ist keine Wolke am Himmel zu sehen. Beim Frühstück überrascht die ganze Gruppe „Lisi II“ (Wirnsberger) mit einer Torte, Sekt und einem gesungenen Ständchen zum heutigen Geburtstag. Jede(r) ist froh, in diese wunderschöne Stadt gereist zu sein. Um 10:00 Uhr besteigen 26 Mann/Frau sieben Taxis zum Flughafen. In 20 Minuten sind wir da – um günstige € 15,-- pro Wagen! Der Check In funktioniert diesmal rasch und unaufgeregt. Der Airbus A 321 der Lufthansa startet um 13:00 Uhr. Schade, dass wir diese sonnige Destination schon verlassen müssen. 130 Minuten später landen wir bei Schmuddelwetter (13°C, Regen) in Frankfurt. Der kurze Zwischenstopp wird genutzt, um sich die Beine zu vertreten. Ein Teil unserer Gruppe macht das etwas zu intensiv und verlässt dabei ohne Bordkarten und Pässe den Terminal. So kommt es zu einer sehr stressigen Situation. Ich kann die Damen beim Eingang nur durch intensives Zureden dazu bewegen, das Gate nicht vorzeitig - ohne unsere Leute - zu schließen. Mit dem letzten Abdruck schaffen sie es gerade noch in den Flieger. Uff, das wäre zum Abschluss beinahe nochmals schief gegangen. Beim Abflug um 17:17 Uhr sitzen fünf schweißgebadete und schnaufende Personen hinter mir. Landung in Wien um 18:12 Uhr. Nach der kollektiven Verabschiedung geht es individuell nach Hause.

 

Fazit:

„Wenn einer eine Reise tut…“. Diesmal hat sicher Jede(r) genug Material für stundenlange Erzählungen im Kopf gespeichert. „Summer Feeling“ mitten im November – in einer sehr schönen, freundlichen Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Den Lauf kann ich jedem Sportler nur empfehlen – ideal auch für Einsteiger: flach, schnell, tolles Publikum! Und auch wenn die Gruppe mit 26 Teilnehmern so groß war wie noch nie, so hat sie doch sehr gut harmoniert und wir hatten unendlich viel Spaß!


       
 
   
 
   
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