Kobenhavn, det kan jeg lide!
Ein Reise- und Wettkampfbericht
Mai 2009
Copenhagen / DK
 
 

Do, 21.5.2009  
05:00 Uhr Abfahrt in St. Paul mit meiner Frau Lilli, sowie Karoline und Dieter Petz - zwei Debütanten. Karoline wird das erste mal in einem Flugzeug sitzen und Dieter läuft in Kopenhagen seinen ersten Marathon. In Graz laden wir noch die beiden steirischen Marathonsammler Franz "Gaisi" Gaisberger und August "Gustl" Zotzek ein. Es geht zum Flughafen Schwechat. Durch die Streichung unseres Direktfluges müssen wir mit dem Bus nach Bratislava  fahren. Um 09:45 Uhr erreichen wir den Flughafen der slowakischen Metropole. Kurz nach 12:00 Uhr hebt die vollbesetzte Boing 737-500 der Sky Europe ab. Als wir um 13:30 Uhr am "Lufthavn Kastrup" landen, ist es sonnig und windig bei 17°C. Mit der sehr modernen, neuen Metro (...fährt führerlos !) gelangen wir schnell zu unserem Hotel für die nächsten vier Tage. Das "Comfort Hotel Osterport" ist zwar nicht mehr ganz neu, jedoch sauber, erschwinglich und verkehrstechnisch sehr günstig gelegen. Nach dem Check-In und einer kurzen Ruhepause marschieren wir die zwei Kilometer zur Startnummernabholung. Die Dänen sitzen draußen vor den Cafes & Bars und genießen die Sonne. Die Sportmesse selbst ist eher bescheiden, aber immerhin bekommen wir zur Startnummer ein schönes Funktionsshirt. Auf dem Rückweg verkosten wir, inmitten einer Horde grölender Fußballfans eine dänische Spezialität. Es ist eine Art Hot-Dog, gar nicht so schlecht. Der Abend klingt bei einem urig eingerichteten Italiener in der Altstadt kulinarisch köstlich aus. Auf dem Rückweg zum Hotel regnet es stark.

Fr, 22.5.2009  
05:00 Uhr Ein deutlich merkbares brummen und vibrieren weckt mich. Die ersten Züge der S - Bahn rattern auf den nahen Gleisen vorbei. Gottlob bekam ich übers Internet den Tipp, nur Zimmer mit ungeraden Nummern (...die liegen auf der dem Bahnhof abgewandten Seiten...) zu bestellen - sonst wär  es wahrscheinlich noch um einiges schlimmer. 07:00 Uhr - Dieter und ich erkunden bei einem kurzen Morgenlauf (4 km) die nähere Umgebung. Ein ausgiebiges Frühstück schafft uns danach die Basis für den heutigen Sightseeing - Tag. Der Wind ist kräftig, aber die Temperaturen bereits im zweistelligen Bereich. Nur 800 m vom Hotel entfernt befindet sich einer der Hauptattraktionen Kopenhagens: "Den Ille Havfrue" - die kleine Meerjungfrau. Ein sehr beliebtes Fotomotiv und auch wir erklimmen den kleinen Felsen mit der Statue, der nur wenige Meter vom Ufer entfernt im seichten Wasser steht. Ob sie nun traurig, sehnsüchtig oder gar verliebt auf den Oresund hinausschaut, liegt wohl in der Auslegung jedes einzelnen Betrachters. Das angrenzende "Kastellet" ist die letzte erhaltene Festungsanlage der Stadt. Sie ist vollständig von Wasser umgeben und nur über zwei Brücken zu erreichen. Pünktlich um 12:00 Uhr kommen wir in den Genuss, die Show der Wachablöse der königlichen Wache hautnah mitzuerleben. Der Platz inmitten der vier Paläste von "Schloss Amalienborg" füllt sich im Nu mit hunderten Schaulustigen. Übrigens! Im südöstlichen Teil wohnt die Königin Margarete mit ihrem Prinzen Hendrik. Ob sie sich im Haus befindet, kann man an der gehissten Flagge am Dach leicht feststellen. Die weiteren Highlights dieses Nachmittags: "Stroget" - Europas erste autofreie und noch immer längste Shoppingmeile. "Rundetarn" -Christian der 4. ließ im 17. Jhd. diesen Turm mit einem 206 m langen, innenseitigen Spiralgang so konstruieren, dass er im Wagen oder zu Pferd hinauf konnte um in die Sterne zu schauen. "Kings Gardens" - ein großer, wunderschöner Park, wo viele Jugendliche und Familien in den Wiesen liegen. Über einen weiteren Park erreichen wir gegen 16:00 Uhr wieder das Hotel. Was uns heute auffiel: Die Einheimischen müssen ein anderes Kälteempfinden als wir Mitteleuropäer haben. Kurze Hosen und Shirts, sowie Flip Flops gehören ganz selbstverständlich zur Garderobe, während wir uns mit Pullover und Jacke gerade wohl fühlen. Zudem sind sehr viele auf den großzügig angelegten Wegen mit dem Rad unterwegs und das nicht gerade langsam bzw. rücksichtsvoll. Den Abend lassen wir, während es draußen gewittert, in einem netten, wiederum italienischen Lokal, ausklingen.  

Sa, 23.5.2009  
Die Wasserflasche auf meinem Nachtkästchen zittert - der Zugverkehr hat wieder eingesetzt. Unser dritter Tag in der dänischen Hauptstadt bricht an. Kopenhagen ist mit 1,5 Mill. Einwohnern die größte Stadt Skandinaviens. Ich beschließe kurzfristig, noch einen Morgenlauf zu machen. Es ist kühler als gestern. Auf meinem Weg zum Startbereich (Nur 3 km entfernt) beginnt es zu tröpfeln und schließlich erwischt mich ein Schauer. Auch so kann man wach werden. Völlig durchnäßt erreiche ich das Hotel. Nachdem unzählige, japanische Hotelgäste das Buffet plündern, gehen wir etwas später zum Frühstück. Draußen tobt inzwischen ein heftiger Sturm mit Regen. Erst gegen 10:00 Uhr ist Besserung in Sicht. Wir planen kurzfristig um und verbringen 2 1/2 Stunden in der nahen "Dänischen National Galerie". In dem riesigen Gebäude werden - freiem Eintritt (!) - nicht nur dänische Künstler, sondern auch Werke von Rembrandt, Rubens, Munch, Picasso, Cranach, u.v.m. gezeigt. Das Wetter hat umgeschlagen und die Sonne kommt raus. Wir machen eine 65 minütige Bootsfahrt durch den Hafen. Günstig, sehr schön und absolut empfehlenswert. Auf dem H.C. Andersen - Boulevard, wo auch eine große Statue des Dichters steht, trennen sich unsere Wege. Jeder verbringt den Nachmittag auf seine Weise. Abends treffen wir uns zum Essen. Als wir das Lokal verlassen ist es wolkenlos und beinahe windstill!

 So, 24.5.2009 - Wettkampftag
Ich habe ungewöhnlich gut geschlafen. Das mag wohl daran liegen, dass eine "Marathonstimmung" bei mir nicht so recht aufkommen will. Durch meine muskulären Probleme in den letzten Monaten, verbunden mit Heuschnupfen und Achillessehnenbeschwerden ist die Erwartungshaltung gleich null.  Vielmehr quält mich die Ungewißheit, wie mein Körper diese Extrembelastung aushalten soll. Um genügend Verdauungszeit zu haben, frühstücken wir Marathonis am Zimmer. Den Gratis - Kaffee dazu hole ich mir in der Lobby. Debütant Dieter (...die Anspannung steigt...) und Routinier Gustl (80. Marathon, etliche Ultras und 24h-Läufe) sind auch schon auf den Beinen. Vor dem Abmarsch singen wir dem heutigen Geburtstagskind Gaisi (46, bestreitet seinen 97. Marathon) noch ein Ständchen. Als wir ihm - als Tortenersatz - einen Schokodonut  mit aufgesetztem Teelicht überreichen, amüsiert sich eine vorbeigehende Amerikanerin köstlich. Mit der S - Bahn sind wir rasch am Hauptbahnhof. Von dort gehen wir die wenigen Meter, vorbei am bekannten Vergnügungspark "Tivoli", hin zum Start. Dort geht alles sehr relaxt zu. Es gibt keine zwingende Startaufstellung. Jeder reiht sich seiner, selbsteingeschätzten Leistungsstärke nach ein. Und es funktioniert - in anderen Ländern, bei noch größeren Läufen wäre das undenkbar. Eine Opernsängerin beginnt die dänische Hymne zu schmettern und kurz darauf, pünktlich um 09: 30 Uhr, gibt Dänemarks Kronprinz Federic den Startschuss. Das Wetter ist jetzt ideal: 12 - 13°C, heiter - wolkig und der Wind ist schwächer als an den letzten Tagen.

km 1  -  4´15´´ Etwas zu schnell - ich muss Dieter, der voll Tatendrang ist ständig bremsen. Der wellige, winkelige Kurs führt zunächst in einer ca. 16 km Schleife in den Nordosten der Stadt, danach durch den Südwesten und schließlich nochmals die Anfangsrunde. km 5  -  22´03´´  Wir haben unser Tempo gefunden. Es stehen unglaublich viele Menschen an der Strecke. Dazu verschiedene Bands und Tanzgruppen. Vom Stadtteil "Norrebro" geht es über die große Grünanlage "Faelledparken" nach "Osterpro". km 10  -  44´27´´  Wir kommen ganz nahe am Hotel vorbei und passieren zum ersten Mal die "Kleine Meerjungfrau".  Auf der Passage entlang des Hafens müssen wir mehrmals über Kopfsteinpflaster laufen. Besonders euphorische Stimmung herrscht im Ortsteil "Nyhavn" - bekannt durch die bunten Fassaden seiner Häuser. km 15  -  1h06´55´´  Lilli & Karoline stehen am vereinbarten Punkt und überreichen uns die ersten Gels. Wir durchlaufen das Ziel und erreichen den Ortsteil "Dybbolsbro". Meine linke Achillessehne schmerzt, der rechte Oberschenkel sowieso. Das Wetter hat sich binnen Minuten dramatisch verschlechtert. Der Wind bläst heftig - meist von vorne - und es beginnt zu regnen. km 20  -  1h29´36´´  Das Tempo ist nachwievor konstant, obwohl Dieter ständig die Pace erhöhen will. Die Streckenhälfte passieren wir in 1h34´33´´. Es schüttet nun heftig. Shirt, Hose und Schuhe sind völlig durchnäßt. km 25  -  1h52´08´´  Wir laufen nun, nur getrennt durch ein Absperrband, entlang einer breiten Einfallsstraße neben hunderten qualmenden Autos. Sicherlich der unattraktivste Teil der Strecke. Bei km 27 erreichen wir wieder den Startbereich und erhalten unsere zweiten Gels. Ich puste kräftig durch. Lange wird es mein Bein nicht mehr machen. Gehsteigkanten umlaufe ich großräumig, weil ich den rechten Fuß kaum noch heben kann. Aus der Brille sehe ich - wegen des nachwievor anhaltenden Sauwetters - kaum noch heraus. Es gießt wie aus Kübeln.  km 30  -  2h15´20´´  Dieter bekommt plötzlich Probleme - Seitenstechen. Ein paar mal drehe ich mich noch um, beschließe dann aber, alleine weiterzulaufen. Irgendwie bekomm ich "die zweite Luft" und kann sogar nochmals beschleunigen. Ständig überhole ich Läufer, denen nun der saft ausgeht. Die langen Geraden rund um den "Faelledparken" sind nun besonders mühsam. Jeden auch noch so leichten Anstieg spürt man nun viel deutlicher als auf der 1. Runde. km 35  -  2h38´18´´  Ich laufe immer noch - meine Zuversicht steigt von Meter zu Meter. Das Überholen gibt noch einen zusätzlichen Kick. Jetzt laufen ohnehin nicht mehr die Beine, sondern nur noch der Kopf. Die Jungfrau wird zum zweiten Mal passiert. Es ist nicht mehr weit. km 40  -  3h01´36´´  Der grüne Teppich, den man über die großen Pflastersteine gelegt hat ist nun besonders rutschig und unangenehm zu laufen. Nochmals durch "Nyhavn", vorbei an den Samba-Tänzerinnen (Halbnackt - bei den Temperaturen !). Es hat endlich zu regnen aufgehört. Der Zieleinlauf ist phänomenal. Ein schmaler Korridor von vielleicht drei Meter - tausende kreischende Zuschauer - ich kämpfe mit meinen Emotionen. Noch heute früh hätte ich es mir nie träumen lassen, meinen 38. Marathon so finishen zu können. In Anbetracht dessen bin ich mit meinen 3h11´46´´ sehr, sehr zufrieden (Platz 18 auf meiner "All-Time-Best-List"). Der Wille hat heute eindeutig über den Körper gesiegt. Schon bald nach mir kommt auch Dieter ins Ziel. Er konnte sich rasch erholen und den 3h15´- Pacemaker noch auf Distanz halten. Seine 3h14´22´´ sind ein ganz formidables Marathondebüt. Er widmete diesen Lauf seinem todkranken besten Freund. Die Finisher - Medaille soll ihn auf dem letzten Weg begleiten !!! Geburtstagskind Gaisi überraschte ebenfalls. Mit geschwollenem Knöchel lief er gute 3h46´13´´ und auch unser Oldie Gustl war mit seinen 4h02´21´´ sehr zufrieden. Ein Vollbad im Hotel wärmte brachte wieder Leben in meinen ausgekühlten Körper. Draußen hatte sich die Sonne wieder durchgesetzt - eigentlich eine Ironie. In einem nahen Restaurant essen wir lecker zu Abend und fallen dann geschlaucht ins Bett.  

Mo, 25.5.2009  
Schon um 06:30 Uhr gehts zum Frühstück. Aufgrund einer weiteren Flugzeitenänderung müssen wir schon sehr früh zum Airport. Es wird eine relativ hektische Lauferei durch die Terminals - aber sieben (!) Minuten vor dem Abflug sitzen wir doch auf unseren Platz. Um 08:56 Uhr hebt die Boing 737-700 der Air Berlin ab und setzt um 10:00 Uhr in Düsseldorf wieder auf. Den neunstündigen Zwischenstopp wollen wir mit Sightseeing verbringen. Es ist ein Hochsommertag mit Temperaturen an die 30°c. Mit der S-Bahn fahren wir ins Zentrum und treffen LG Mitglied Josef Kantor, der hier arbeitet und seine Sarah. Über die Königsallee (kurz "Kö" genannt) - die Nobeleinkaufsstraße der Stadt - schlendern wir zum Rhein. Es folgt eine einstündige Schifffahrt, wo wir auf Deck die Sonne genießen können. Das Mittagessen nehmen wir in der "längsten Theke der Welt" ein. Die Düsseldorfer Altstadt wir wegen seiner großen Anzahl an Kneipen so genannt. Zurück am Flughafen, verbringen wir die restliche Zeit wartend. Trotz der aufregenden, schönen letzten Tage merkt man jedem schon das aufkommende Heimweh an. Da sich der Abflug wegen einer Gewitterfront weiter verzögert, landen wir erst um 21:45 Uhr in Wien. Auf der Heimfahrt laden wir noch Gaisi & Gustl in Graz aus und erreichen St. Paul um 01:00 Uhr.  

Fazit:
Egal ob wegen Land und Leute, den Sehenswürdigkeiten oder dem teuren Essen - der Ausflug in die sehr grüne Stadt war jeden Cent wert. Auch sportlich hat sich die Reise auf jeden Fall gelohnt. Und Spaß hatten wir sowieso ohne Ende...

       
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