Do
18.10.2007:
05:10 Uhr fahren meine Frau Lilli und ich zur Autobahnstadion Völkermarkt
und holen unseren Mitreisenden vom HSV Bleiburg Walter POGORIUTSCHNIG
(nachfolgend kurz "Pogo" genannt) ab. Es geht über die
Pack zum Flughafen Graz-Thalerhof. Kurz vor 08:00 Uhr hebt die Boing 737-700
der TUIfly ab. Eine knappe Stunde später landen wir in Köln.
Unser Anschlussflug nach Köln geht erst in ein paar Stunden, deshalb
beschließen wir ins Zentrum zu fahren. Da an diesem Tag die deutschen
Zugsführer streikten, blieb nur das Taxi als Alternative. Der armenisch
stämmige Taxler erzählt uns stolz, dass er erst letzte Woche,
trotz Verkühlung, den Köln-Marathon in sechs Stunden absolviert
hat. Ja, auch über solche Zeiten kann man sich freuen. Wir besichtigen
den Kölner Dom - sehr beeindruckend. Nach dem Essen wollen wir zum
Flughafen retourfahren - wieder entfällt der Zug und wieder bleibt
nur das Taxi. Ein teures Vergnügen! Mit einem A319 der Germanwings
gehts nach Dresden, wo wir um 17:08 Uhr bei 8°C landen. Auch hier
wird gestreikt - keine S-Bahn fährt. Daher, erraten, wieder rein
ins Taxi, welches uns direkt ins Sheraton Hotel "Four Points Königshof"
bringt. Ein absolut tolles, nobles Haus in einer Villengegend (...hier
haben früher sicher die DDR - Bonzen gelebt!) zum Minimaltarif (€
40,--/ Nacht!). Unsere Anreise hat zwar einen ganzen Tag gedauert, dafür
haben wir schon allerhand gesehen und erlebt. Ein gemütliches Abendessen
im Hotel beschließt diesen langen Tag.
Fr
19.10.2007:
Nach dem Frühstück nutze ich die Gelegenheit und besuche eine
neue Firma außerhalb von Dresden, die ich ab Jänner durch meine
berufliche Veränderung vertreten werde. Lilli & Pogo begeben
sich auf einen ersten Erkundungstrip in die Altstadt. Mittags treffen
wir uns wieder und besichtigen den beeindruckenden "Zwinger".
Hier residierte das schillerndste Paar der sächsischen Geschichte:
Anna Constantia Gräfin von Cosel sowie Friedrich August I (1670-1733)
genannt "der Starke". Er war Kurfürst von Sachsen und König
von Polen. Auf dem anschließenden Weg zur Startnummernabholung im
Congress Center gibt es April-Wetter. Sonne, Regen und Hagel (!) wechseln
sich ab. Dazu heftiger Wind - ungemütlich! Auf dem Rückweg stärken
wir uns mit einer lokalen Spezialität (Dresdner Christstollen), passieren
die "Semperoper" und staunen über die Pracht der völlig
wieder aufgebauten "Frauenkirche". Der 13. Feber 1945 steht
für die größte Katastrophe in der Dresdner Geschichte.
In wenigen Stunden legten britische und amerikanische Bomberverbände
die Stadt in Schutt und Asche. Es war die Nacht vom Faschingsdienstag
zum Aschermittwoch. Die Bombem hinterließen ein 15 qkm großes
Trümmerfeld. In den Jahrzehnten danach wurden viele wertvolle Baudenkmäler
wieder völlig rekonstruiert. Überhaupt ist Dresden ein sehr
geschichtlicher Boden. Carl Maria von Weber schrieb hier die deutsche
Nationaloper "Der Freischütz" - Richard Wagner wirkte als
Hofkapellmeister - und auch Erich Kästner und Karl May lebten an
der Elbe. Weiters wurden hier der Büstenhalter, der Kaffeefilter,
der Teebeutel und der Bierdeckel erfunden. Und nicht Schweizer, wie man
denken könnte, sondern der Dresdner Friedrich Timaeus produzierte
1839 hier die erste Milchschokolade der Welt. Mit der lokalen Spezialität
"Soljanka" (= eine pikante Suppe mit Fleisch, Wurst, Zwiebeln,
Gurke und Sauerrahm) beschließen wir kulinarisch den Abend.
Sa 20.10.2007:
Beim Frühstück erklärt uns Pogo (Ob seiner optimalen Läuferfigur
auch "Der weiße Kenianer" genannt!), wie er sich minutiös
auf den Tag "X" vorbereitet hat. Für sein Vorhaben erstmals
die 3 Stunden - Schallmauer zu knacken hat er jeden Trainingskilometer
genau aufgezeichnet und analysiert. Wir beschließen, einen lockeren
Lauf zu absolvieren, um den Tonus (Muskelspannung) aufrecht zu erhalten.
Auch für mich ist es wichtig zu sehen, wie sehr mich die Verkühlung,
die mich seit zwei Wochen hartnäckig plagt, noch behindert. Unsere
8 km - Runde führt vom Hotel in den nahen "Großen Garten"
- die grüne Lunge der Stadt. Wir passieren das Palais, das Dynamo
- Stadion und die "gläserne Manufaktur" von VW (Dort wird
die Luxuslimosine "Phaeton" gebaut). Nach 45 Minuten sind wir
wieder im Hotel und ich blicke etwas optimistischer auf den morgigen Tag.
Nachmittags ist Ruhe angesagt. Um 16:00 Uhr treffen Robert KNAUDER ("Exil-St.Pauler"
des HSV Bleiburg) und sein Vater Paul ein. Sie sind von Klagenfurt über
Leipzig angereist. Im gemütlichen Restaurant "Homage" wird
bei Kaffee und Kuchen die Taktik fürs Rennen besprochen. Die obligaten
Nudeln genießen wir beim Chinesen nebenan, bevor wir uns um 21:00
Uhr zu Bett begeben.
So
21.10.2007 - Wettkampftag:
05:00 Uhr - ich bin munter, hab ungewöhnlich gut geschlafen. Erster
Blick aus dem Fenster - es regnet - und wie! 06:30 Uhr Frühstück.
Wir diskutieren den "Dresscode" - was zieht man bei solchen
Bedingungen an? Unsere beiden Betreuer Lilli und Paul(i) werden instruiert,
wo sie zu stehen und uns mit Gel zu versorgen haben. Auch für sie
wird es ein anstrengender, feuchter Vormittag. Ein älteres Ehepaar
aus Augsburg sitzt hinter mir und liest den Aufdruck der LG St. Paul auf
meiner Jacke. Begeistert erzählen sie vom kürzlichen Besuch
in St. Paul. Zufälle gibts!
08:15 Uhr - wir treffen uns in der Lobby zum Abmarsch. Als wir das Hotel
verlassen gießt es in Strömen, es hat max. 1° - 2°C.
Schnell sind wir mit der S-Bahn im Startbereich. Um nicht noch mehr auszukühlen
wärmen wir uns bis kurz vor dem Start in einem Kaffeehaus.
09:45 Uhr - geschützt durch eine Regenfolie absolvieren wir ein kurzes
Aufwärmprogramm.
09:55 Uhr - wir begeben uns in den Startblock A. 10:00 Uhr - Startschuss!
Es geht gleich über eine Elbe - Brücke. Auf den ersten Metern
versuche ich noch jeder größeren Lache auszuweichen, doch wenn
der Nebenmann voll durchläuft und dich von oben bis unten anspritzt,
macht das wenig Sinn. Km 1 - 4´06´´ Robert neben mir
- Pogo etwas versetzt. Ab km 2 sind wir auf Kurs - ich setze mich etwas
ab. Km 5 - 20´57´´ Trotz dieses Sauwetters stehen relativ
viel Leute auf der Strecke. Zahlreiche Trommlergruppen geben enthusiastisch
ihr bestes. Km 10 - 41´42´´ Mehr trau ich mir heute
wegen der Verkühlung nicht zu. Es ist sehr viel Wasser auf der Straße.
Zahlreiche Pflastersteine und unebene Passagen fordern zudem die Konzentration.
Km 12 - im "Großen Garten" laufe ich auf einen Bludenzer
Bundesheer - Major auf und bilde fortan mit ihm für die nächsten
15 km eine Laufgemeinschaft. Gemeinsam passieren wir die gläserne
Manufaktur.
Km 15 - 1h 02 ´37´´ Der Schnitt pendelt sich bei 4´10´´
ein. Wir entdecken eine Gemeinsamkeit. Mein Mitläufer arbeitet in
der Walgaukaserne Bludesch, in der ich mehrmals im jahr geschäftlich
zu tun habe. Zufälle gibt’s! Km 20 - 1h24´31´´
Die Halbmarathonläufer laufen links ins Ziel (...ich beneide sie...)
und wir gehen auf die zweite Runde. Lilli reicht mir, wie vereinbart,
mein Powergel. HM in 1h 28´ 41´´. Das wird knapp mit
unter 3 Stunden, denke ich.
Km 25 - 1h45´41´´ Der Schnitt ist weiter konstant, doch
mein Körper kühlt immer mehr aus, ich friere fürchterlich.
Km 27 - Plötzlich - hinter mir eine Stimme - Robert läuft zu
uns auf. Er liebt solche Bedingungen und macht für mich noch einen
starken Eindruck. Wir durchlaufen ein Nobelviertel. Viele Villen - fast
könnte man "Schlösser" sagen. Kurz darauf muss ich
abreißen lassen. Meine Muskulatur macht, ob der Kälte und des
Windes nicht mehr mit. Nun zieht auch Pogo vorbei, doch seine Körpersprache
war bei weitem nicht mehr so positiv wie die von Robert. Km 30 - 2h09´55´´
Die Streckenabschnitte, welche man auf der ersten Runde noch so easy bewältigt
hat, ziehen sich nun in unendliche Länge. Die Anfeuerungen der Zuschauer
sind gut gemeint, helfen aber nicht wirklich. Bei Km 32 ertappe ich mich
bei einem kurzfristigen Gedanken nach links abzubiegen - dann wäre
ich in fünf Minuten im Hotel. Km 35 - 2h38´27´´
Letztes Jahr um diese Zeit in Chicago erging es mir, bei ähnlichen
Bedingungen, deutlich besser. Nur der Gedanke bald im Trockenen &
Warmen zu sein treibt mich noch an. Die Gehpausen werden länger.
Km 40 - 3h 11´ 21´´ Eine letzte Brücke muss noch
überwunden werden. Zieleinlauf nach 3h 24´ 23´´
- doch die Zeit ist mir heute so was von egal. Ich will nur rein ins Congress
Center und mich trocken legen - gar nicht so leicht mit steifgefrorenen
Fingern. Robert konnte seine Pace bis zum Schluss halten und verfehlte
mit 3h00´24´´ die magische "Schallmauer" nur
denkbar knapp. Die Verbesserung seiner Bestzeit um sechs Minuten (...wie
schon im April in Padua...) stellt aber einen weiteren Quantensprung dar.
Toll! Pogo kann mit seiner zweitbesten Marathonzeit von 3h 08´ 44´´
auch durchaus zufrieden sein. Mit trockenen Kleidern stärken wir
uns mit einer Pasta. Auf dem Rückweg ins Hotel kommt dann die Sonne
raus - eigentlich ein Hohn ! Nach einer heißen Dusche kommen langsam
die Lenensgeister auch in meinen Körper wieder zurück.
Robert KNAUDER 3h 00´ 24´´ 71. von 1.374 Gesamt/
16. M35
Walter "POGO" 3h 08´ 44´´ 110.Gesamt/ 20.
M45
Armin WASNER 3h 24´ 23´´ 241. Gesamt/ 63. M40
Mo,
22.10.2007
Nach einer unruhigen Nacht (...zumindest für uns Marathonis...) checken
wir aus. Heute wird nicht gestreikt, so verlässt der ICE den Hbf.
Dresden pünktlich um 09:55 Uhr. Nach 75-minütiger Fahrzeit erreichen
wir Leipzig. Es ist kalt, aber sonnig. Unser Hotel "Holiday Inn"
befindet sich, angenehmerweise, direkt gegenüber dem Bahnhof. Vorallem
Pogo geht heute sehr schwer - sein Bewegungsapparat kämpft noch schwer
mit den Strapazen des gestrigen Tages. Wir begeben uns auf einen Stadtbummel
- gaaanz langsam ! Leipzig, im zweiten Weltkrieg auch arg zerbombt, wurde
mit viel Behutsamkeit wieder aufgebaut und ist am besten Wege dahin, seinem
alten Ruf als "Klein-Paris" wieder gerecht zu werden. Die Einwohner
sind stolz auf ihre berühmten Persönlichkeiten wie Bach, Goethe,
Lessing, Schumann. In der Innenstadt besichtigen wir die Nikolaikirche,
die Oper und das berühmte "Gewandhaus". Ein entspanntes
Abendessen mit einem abschließenden Schluck Wein an der Hotelbar
beendet diesen Tag.
Di
23.10.2007
Um 05:20 läutet der Wecker. Wir müssen früh raus um den
Zug und den Flug zu bekommen. Über Köln geht es wieder in heimatliche
Gefilde. Um 15:23 landen wir Klagenfurt. Fazit: Auf unserer fünftägigen
Reise haben wir viel Geschichtliches über den Osten Deutschlands
sehen und erfahren können. Für Robert und Pogo war der Trip
auch sportlich lohnend. Ich werde meinen 36. Marathon am 6. April 2008
in Paris bestreiten. Da wird auch für mich wieder die Sonne scheinen
- sicher! (Übrigens: Paris ist seit Anfang November 2007 AUSVERKAUFT!
35.000 Meldungen liegen vor – Wahnsinn!
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