Heia, heia Norge!
Ein Reise- und Wettkampfbericht
September 2010
Oslo / NOR
 
 

Donnerstag, 27.10. - 05:30 Uhr
Meine Frau Lilli und ich fahren von St. Paul in Richtung Flughafen Schwechat. Dort treffen wir unsere Mitreisenden beim Trip in die norwegische Hauptstadt Oslo. Es sind dies Rosi, Walter, Peter und Roman vom Club "Happy Lauf Anger" aus der Oststeiermark, die mit uns schon in Paris, Stockholm und Dublin waren. 10:46 Uhr - die Fokker 100 der Austrian startet und landet nach exakt zwei Stunden am Flughafen Oslo "Gardermoen". Dieser liegt 45 km außerhalb der Stadt und so nehmen wir den "SAS Airport Express Bus", der uns in 50 Minuten ins Zentrum bringt. Es hat 13 °C und der Wind bläst kräftig. Durch den Park des königlichen Schlosses marschieren wir die ca. 1,5 km zu unserem Hotel "Best Western West".
Mit dem Aussehen der hübschen Rezeptionistin konnte das Zimmer nicht mithalten: Einfache Einrichtung, die die besten Jahre auch schon hinter sich hatte, hohe Räume und im Bad eine "Adriadusche"! Doch bei den Hotelpreisen in Oslo, war das noch die beste Alternative. Nach einer kurzen Rast spazieren wir zum nahen "Kongelige Slott" - König Harald und Frau Sonja residieren hier. Über die "Karl Johanns gate", der Haupteinkaufsstraße Oslo´s gelangen wir zum imposanten "Radhuset". Hier wurde an nichts gespart. Riesige Wandgemälde, überdimensionale Gobelins und viel Marmor. Wir konnten sogar den Sitzungssaal des Rathauses besichtigen. In diesen Räumen wird alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag von Friedrich Nobel, der Friedensnobelpreis verliehen - übrigens der einzige Nobelpreis außerhalb Stockholms.
Im angesagtesten Viertel der Stadt "Aker Brygge" - direkt am Wasser - lassen wir den Abend bei "Peppe´s Pizza" ausklingen. Auch wenn die einfachste Pasta hier NOK 168 (ca. € 21,50) und das Bier NOK 61,-- (ca. € 7,80 für 0,4 l) kostet, was unteres Preisniveau für Oslo bedeutet, schmeckte es uns. Als wir gegen 19:30 Uhr das Lokal verlassen, beginnt es zu nieseln.


Freitag, 24.9.2010
Der Tag beginnt, wie vorhergesagt, mit Regen. Das üppige und gute Frühstücksbuffet hebt nicht nur unseren Eindruck vom Hotel, sondern auch die Stimmung. Mit dem gestern erworbenen 48 Stunden - Oslo Pass (NOK 340 = ca. € 43,50) wollen wir uns heute einige Highlights der Stadt anschauen. Dieser Pass erlaubt uns freie Fahrt mit allen Verkehrsmitteln und freien Eintritt in viele Museen. Zu Fuß geht´s zur Bootsanlegestelle Nr. 3 bei der "Radhusbrygge". Fischer verkaufen dort, vom Boot aus, fangfrische Krabben und allerlei anderes Meeresgetier. Das Fährboot Nr. 91 bringt uns in zwanzig Minuten zur Museeumsinsel "Bygdoy".
Nach einem kurzen Fußmarsch durch ein schönes Villenviertel mit vielen Botschaften erreichen wir das "Kon-Tiki-Museet". Dort steht das Originalmodell des Balsaholzfloß "Kon - Tiki", auf dem sich der norwegische Zoologe Thor Heyerdahl 1947 in 101 Tagen von Peru - 4.200 Seemeilen - nach Polynesien treiben ließ. Des Weiteren kann man auch das Papyrusboot "Ra II" bewundern, mit dem er 1970 von Marokko aus in 57 Tagen den Atlantik bis nach Barbados überquerte. Insgesamt also sehr eindrucksvoll. Draußen hat der Regen nochmals an Heftigkeit zugelegt. Zum Glück sind es nur wenige Meter zum benachbarten "Frammuseet".
Hier kann man das sehr gut erhaltene, 1892 aus Eiche gebaute Polarschiff "Fram" besichtigen, mit dem sich Fridjof Nanson aufmachte, den Nordpol zu erreichen. Roald Amundsen lieh sich den Dreimastschoner aus, um an den Rand der Antarktis vorzustoßen, von wo aus er 1911 als erster Menschen den Südpol erreichte. Das gesamte Schiff, inkl. der kleinen Schlafkojen, Küche, etc. kann besichtigt werden. Weitere wenige Schritte weiter liegt das "Norsk Sjofartsmuseet". Dort wird die Geschichte der norwegischen Navigation von den Anfängen bis zur Gegenwart gezeigt.

Bei anhaltendem Dauerregen verlassen wir, diesmal mit dem Bus Nr. 30 um 14:30 Uhr die Halbinsel. Zurück in der Stadt, begeben wir uns zur Startnummernabholung, welche sich in der Nähe der Festung befindet. Die Marathonmesse ist eine herbe Enttäuschung. Immerhin gibt es ein dünnes Funktionsshirt von Nike - aber sonst nichts. Nach einer Stärkung bei Kaffee und Kuchen, nehmen wir noch das, am Weg liegende "Aflaskemuseet" (Mini Bottle Gallery) in Augenschein. Anfangs sind wir noch ohne Erwartungen, doch dieses kleine Museum entpuppt sich als wahres Juwel. 50.000 Exponate ergeben das größte Miniaturflaschenmuseum der Welt. Sogar eine kleine "Herminator - Sau" Flasche ist dort ausgestellt. Anschließend bummeln wir noch etwas durch die "Oslo City", dem größten Einkaufscenter der Stadt. Bei "Peppe´s" beschließen wir den feuchten, aber trotzdem schönen Tag mit einer gschmackigen Pizza.


Samstag, 25.9.2010 - 07:30 Uhr
Wir treffen uns zum Morgenlauf. Es hat 10 °C und es regnet nicht mehr, doch der Wind bläst mit unverminderter Stärke. Wir laufen ca. 6 km zum "Vigelandpark" und zurück. Nach dem Frühstück führt uns der erste Weg zum berühmtem "Holmenkollen". Da die U - Bahn dorthin gerade erneuert wird, nehmen wir den Bus. Dies ermöglicht uns, vieles von der landestypischen Architektur zu sehen. Nobelvillen mit weiß gestrichenen Zäunen wechseln sich mit den, im traditionellem rot gestrichenen Holzhäusern, ab. In knapp 15 Minuten sind wir am Fuße der imposanten Schisprungschanze. Dort wird noch heftig gebaut, da im Feber 2011 hier die nordische Schi - WM stattfindet. Der Blick von da oben ist phantastisch - Oslo liegt uns praktisch zu Füßen.
Der Wind bläst derart heftig, dass wir uns im urigen "Holmenkollen - Restaurant" aufwärmen. Bei einem Bierpreis von € 15,-- (...für 0,4 l!) gibt es diesmal nur, den deutlich günstigeren Kaffee. Frisch gestärkt fahren wir die wenigen Kilometer zurück in die Stadt, hin zum "Vigeland - Park". Mit über einer Million Besuchern im Jahr ist dies die meistbesuchte Attraktion Norwegens. Dieser Park ist das Lebenswerk des norwegischen Bildhauers Gustav Vigeland (1869 - 1943). Es ist ein "Skulpturium" der wahrhaft monumentalen Art. Rund 200 Skulpturen mit ca. 650 Figuren reihen sich auf einer 850 m langen Achse aneinander. Überragt werden sie von einem 17 m hohen Monolithen, der allein schon aus 121 Figuren besteht und von 36 Granit - Figurengruppen umgeben ist. Alles in Allem - ein unbedingtes "must" für jeden Oslo - Besucher!
Nach der Besichtigung des Start/ Ziel - Geländes verbringt jeder den Nachmittag auf seine, mehr oder weniger, geruhsame Weise. Um 18:00 Uhr treffen wir uns zum Abendessen. Der abgeflaute Wind steigert unsere Zuversicht für den nächsten Tag.


Sonntag, 26.9.2010 - Wettkampftag!
Ich hab gut geschlafen - na wenigstens etwas. Nach einer sehr guten Vorbereitung mit über 700 km in den letzten 8 Wochen hat mich, wie zuletzt leider öfters, vor einer Woche eine schlimme Verkühlung erwischt. Deshalb kamen viele Hausmittelchen zum Einsatz und ich kann nicht einschätzen, wie sich das auf meine Leistungsfähigkeit auswirkt. Um 07:30 Uhr sitzen wir, mit einigen anderen Marathonis, beim Frühstück. Durch die späte Startzeit von 10:30 Uhr ist es heute nicht so stressig als sonst.
Ein Lokalaugenschein vor dem Hotel zeigt, dass der Wind fast eingeschlafen ist und mit 10 °C eigentlich auch ideale Lauftemperaturen herrschen. Dazu zeigen sich die ersten blauen Stellen am Himmel. Zu Fuß gehen wir die ca. 2 km bis zum Start. Dort werden gerade die 10 km - Läufer abgelassen. Nach einer kurzen Einlaufphase begeben wir uns in den Startsektor. Wir stehen ganz vorne - es herrscht keinerlei Gedränge. Um 10:30 Uhr wird mit einem lauten Knall aus einer alten Kanone der Startschuss zu meinem 41. Marathon gesetzt. Die ersten 200 m sind so eng, wie ich es noch nie erlebt habe. Ein Wunder, dass es zu keinen Stürzen kommt, zumal wir auf grobem Kopfsteinpflaster laufen. Erst allmählich wird es etwas breiter.

Km 1 - 3´53´´ Wir laufen nun dem Meer entlang. Auf einer gesperrten Stadtautobahn (!) und schlechtem Strassenbelag geht es in Richtung Osten, wobei wir die neuen Oper Oslos passieren - ein Prachtbau. Nach 4 km erfolgt die Wende und es geht die gleiche Strecke wieder zurück. Der Wind ist leider nicht so lau wie erhofft. Er bläst mir ganz heftig ins Gesicht. Km 5 - 19´57´´ Wir nähern uns wieder dem Stadtzentrum. Auf der Haupteinkaufsstraße "Karl Johanns gate" erschweren die ersten Steigungen und weitere Kopfsteinpflasterpassagen das Laufen. Km 10 - 40´05´´ Die Strecke führt nun am Rathaus vorbei - wo relative viele Leute stehen und kurz darauf auch Lilli & Rosi, mich anfeuern. Die nächsten Kilometer sind von einem ständigen Auf- und Ab geprägt. Dazu müssen wir auf schlechtem Untergrund einige Baustellen um- und überlaufen.
Km 15 - 60´38´´ Hier draußen findet der Marathon praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Vereinzelte "Heia, heia" - Rufe sind schon das höchste aller Gefühle. Ich laufe nun praktisch seit dem ersten Kilometer alleine gegen den Wind - nervtötend! Nach ein paar giftigen Steigungen, die im S
treckenprofil so nicht dargestellt waren, erreichen wir bei km 16 wieder das Meer. Auf einem großen Industriegelände geht´s zwischen Lagerhallen Hin und Her - öd!
Über die Flaniermeile "Aker Brygge" führt die Strecke wieder ins Zentrum, wo mehr Zuschauer stehen. Km 20 - 1h21´24´´ Der letzte Kilometer der Runde steigt, wieder großteils über Kopfsteinpflaster hinauf zur Burg, merklich an. HM in 1h26´04´´ So, das Ganze nun nochmals, denk ich mir. Der Wind hat an Intensität nochmals zugelegt und da ich nach wie vor alleine auf weiter Flur laufe, kann ich den Schnitt nicht mehr halten. Nach der Wende treffe ich Peter & Walter, die ca. 11 Minuten hinter mir liegen. Km 25 - 1h42´40´´ Wieder in der City, versuche ich - ganz am Rande laufend - den Pflasterungen so weit es geht auszuweichen. Meine Kraft schwindet mit jeder Minute - der Infekt macht sich, wie befürchtet, nun doch deutlich bemerkbar. Km 30 - 2h05´35´´ Kurz darauf stehen wieder unsere Ladys und ich nehme, im Stehen, das zweite Gel zu mir. Innerlich hab ich bereits auf "Schadensbegrenzung" umgestellt, will mich nicht kaputt machen und nur noch heil ins Ziel kommen. Km 35 - 2h31´16´´ Nochmals durch das Industriegebiet.
Eigentlich schade, dass man in einer so tollen, schönen Stadt keine attraktivere Streckenführung zu bieten hat. Der Kurs ist Oslo nicht würdig! Km 40 - 2h55´16´´ Ich plage mich hinauf zum Schloss und bin froh, es nach 3h06´43´´ endlich geschafft zu haben. Walter bleibt beim 5. Marathon mit 3h16´30´´ knapp über seinem Hausrekord. Peter ist, ebenfalls mit körperlichen Problemen, am Schluss nur noch "ausgelaufen" - 3h25´37´´ und Roman kämpft sich bei seinem 3. Marathon, dem Kollaps nahe, mit 3h34´10´´ ins Ziel. Auch die eher schwache Siegerzeit von knapp unter 2h30´ beweist, dass es heute für keinen leicht war. Die sehr mickrige Finishermedaille und die bescheidene Zielverpflegung drüben weiter das Bild dieser Veranstaltung. Auf dem Weg zurück zum Hotel können wir die vielen tausend Halbmarathonläufer beobachten, die erst jetzt - mit 5 Starts - ins Rennen geschickt wurden. Insgesamt waren über 16.000 LäuferInnen in Oslo auf den Beinen. Den Abend lassen wir beim Italiener um Eck gemütlich ausklingen.


Montag, 27.9.2010
Der letzte und sonnigste Tag unseres Aufenthalts beginnt mit einem frühen Frühstück. Wir wollen die verbleibende Zeit noch nützen und uns eine neue Attraktion Oslos anschauen. Nach vierjähriger Bauzeit wurde 2008 die neue Oper eröffnet. Ein futuristischer Prachtbau aus Glas, Granit und Marmor - direkt am Meer gelegen. Auf den steil ansteigenden Schrägflächen gelangt man bis auf das Dach des Hauses und kann von dort oben nochmals die atemberaubende Fernsicht, bis hin zum Holmenkollen genießen. Im Anschluss bringt uns der Bus wieder zum Flughafen, wo die Fokker 100 der Austria Arrows um 14 Uhr in Richtung Wien startet.


Fazit:
Die dritte Station unserer "Nordland-Tour" (...nach Stockholm und Kopenhagen...) war ein absolutes Highlight. Oslo, flächenmäßig so groß wie Wien aber mit nur 500.000 Einwohnern und zudem mit mehr Sonnenstunden als z.B. München, kann ich jedem Städtetouristen nur wärmstens empfehlen. Das sehr hohe Preisniveau wird, durch die Freundlichkeit, Sauberkeit und Schönheit (...viele "Wikingerinnen" jenseits der 1,80 m...) der Stadt, locker wettgemacht. Nur wenn´s um´s Laufen geht, dann gibt es deutlich lohnendere Ziele. Mit unseren "Steirern" war es auch wieder sehr lustig und sie freuen sich schon auf den nächsten Trip, im Mai 2011 nach Edinburgh/ Schottland.

 

       
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