Heja! Tropischer Norden
Ein Reise und Wettkampfbericht
Juni 2007
Stockholm / SWE
 
 

Do, 7.6. - 05:00 Uhr morgens - Gerald PETZ und seine Gerti SENGER treffen bei uns zuhause ein. Gemeinsam mit meiner Frau Lilli starten wir in Richtung Salzburg. 07:30 Uhr Grenze Walserberg - wir treffen auf die "4 Steirer". Das sind keine Unterhaltungsmusiker, sondern weitere Lauffreunde: Peter SCHWEIBERGER und Walter HOLZER, beide vom Club "Happy Lauf Anger" aus der Oststeiermark, sowie die beiden Marathonsammler Franz "Gaisi" GAISBERGER aus Gralla bei Leibnitz und Mag. Ernst FINK aus Altenmarkt. Im Konvoi geht es weiter zum Münchner Flughafen "Franz Josef Strauss", wo die beiden restlichen Teilnehmer unserer 10-köpfigen Gruppe zu uns stossen: Gerti und Ernst KETTERER aus Neuhofen in Oberösterreich. Die Reise führt uns diesmal in das "Venedig des Nordens" zum 29. Stockholm-Marathon. 12:33 Uhr - der Germanwings Airbus A319 hebt ab. Nach einer Zwischenlandung in Berlin-Schönefeld, mit Check-Out und Check-In fliegen wir mit der gleichen Maschine weiter. Um 16:11 Uhr landen wir am Arlanda-Airport, 41 km ausserhalb von Stockholm gelegen. Die schwedische Hauptstadt empfängt uns mit heiterem Wetter und 25°C. Es erfolgt eine beschwerliche Fahrt mit Bus/ Zug/ U-Bahn ins Zentrum. Nach kurzem Fußmarsch erreichen wir um 19:45 Uhr, halb verhungert und verdurstet unser schönes Hotel "Scandic Ariadne". Im hoteleigenen Restaurant lassen wir den Tag ausklingen. Das wohlverdiente "Starköl" (=Bier!) zu der Pasta schmeckt heute trotz (oder vielleicht wegen) des Preises von ca. € 5,50/0,4l besonders gut. Als wir gegen 22:30 Uhr zu Bett gehen, ist es noch taghell - Midsommer in Schweden!


Fr, 8.6. - 05:00 Uhr. Die ersten intensiven Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch den Spalt im Vorhang. Ich wage einen ersten vorsichtigen Blick und traue meinen Augen nicht. Ein riesiges Fährschiff der "Silja Line" steuert auf mich zu und parkt praktisch direkt vor unserem Fenster. 07:00Uhr - Gerald, Peter, Ernst F., Walter und ich treffen uns zum Morgenlauf (ca. 5 km). Locker trabend erkunden wir den Weg zum Start. Es sind kaum mehr als 2 km bis zum Start/ Zielbereich - ideal - da können wir morgen alles zu Fuß bewältigen. Nach dem ausgiebigen Frühstück schlendern wir zur Startnummernabholung. Das Wetter mutet inzwischen eher südländisch an. Bei wolkenlosem Himmel hat es 28°C. Zum Glück geht etwas Wind. Anschließend fahren wir mit der "T-bana" ins alte Zentrum der 750.000 Einwohner Stadt. In "Gamla Stan" spielt sich das Leben ab. Viele enge Gassen, kleine Läden und Lokale. Alle paar Minuten fahren geschmückte, offene LKW´s mit johlenden, kreischenden Jugendlichen vorbei. Es sind StudentenInnen die anscheinend gerade erfolgreich ihren Abschluss gemacht haben. Wir jubeln ihnen ebenso emotional zu. Auf dem Rückweg beobachten wir noch die lustige Zeremonie des "Wechsels der Wachen" vor dem königlichem Schloss "Kungliga Slottet". Dies läuft ähnlich - nur bescheidener - als der berühmte "Changing of the guards" in London ab. Um 18:30 Uhr sind wir wieder im Hotel - endlich raus aus den Schuhen und Füße hochlagern. 19:30 Uhr - Abendessen und nach einem kurzen Spaziergang - Nachtruhe um 22:15 Uhr, obwohl es weiter hell ist !


Sa, 9.6. - Wettkampftag! Da das Zimmer ostseitig liegt, weckt uns die grelle Sonne schon sehr früh. Nur ein paar Schönwetterwolken sind zu sehen - leichter Wind. Das wird wieder ein sehr heißer Tag. Durch die ungewöhnliche Startzeit von 14:00 Uhr an einem Samstag, können wir das Frühstück diesmal richtig genießen. Es hat jedoch den Anschein, dass heute ganz Stockholm sein "Breakfast" hier einnehmen will. Kurzerhand wird die angrenzende Bar daher von uns zum Frühstücksraum umfunktioniert. Geht doch - und kühler ist es dort auch. Einen Nachteil bringt der späte Start mit sich: Die Zeit will und will nicht vergehen, während draußen die Temperatur stetig steigt. Wir sechs Läufer ziehen uns aufs Zimmer zurück - just relax! 13:15 Uhr ist Treffpunkt in der Lobby. Wir marschieren, mit hunderten Mitstreitern, zum Start. Das soll für heute unser "aufwärmen" sein. Man will ja nicht unnötig Energie verschwenden. Es ist ganz schön was los. Von den ca. 17.500 akzeptierten Läufern werden, wie sich später zeigte, nur knapp 14.000 antreten. Beim Startschuss um 14:00 Uhr hat es 32° C - Wahnsinn - und das im "Hohen Norden" (Der Mittelwert um diese Jahreszeit liegt normal bei 20°C). Stark eingebremst laufe ich los. Aufgrund der Hitze, der schweren Streckenführung und meinem körperlichen Zustand habe ich sämtliche Zeitambitionen ad acta gelegt. km 1 - 4´12´´. Zweiter km exakt gleich schnell. Es läuft ganz gut - doch der Weg ist noch weit. km 5 - 21´21´´ Ernst F. hat kurzzeitig zu mir aufgeschlossen. Konzentriertes Laufen ist erforderlich, da noch eine große Gruppe zusammen ist. Kurz vor km 10 (43´40´´) stehen Gerti & Ernst K. und feuern mich an.
Der Kurs führt nun am Wasser entlang. Die zahlreichen Zuschauer haben sich mittlerweile den Temperaturen entsprechend gekleidet. Bikinis, Badehosen und Unterwäsche dominieren. Überhaupt ist es das "schönste" Publikum welches ich je bei einem Marathon erlebt habe. Reihenweise nordische "Göttinnen" - ehrlich! Herrlich! Die nächste große Herausforderung folgt bei km 11,5. Die stark ansteigende "Västerbron-Brücke" hat Bergwertungs-Charakter. Eine ambitionierend agierende Trommlergruppe hilft uns über die Steigung hinweg. Da muss ich heute nochmals rüber, denk ich mir. Oh Gott! km 15 - 1h 06´ 10´´. Auf der "Fleminggatan" steigt es wieder permanent an. Es geht in Richtung Startbereich beim Stadion. Von den hunderten Helfern werden Traubenzucker und kurz darauf Salzgurken (!) angeboten. Ich lehne dankend ab. km 20 - Lilli reicht mir, wie vereinbart, einen Gelbeutel, während Lisi fotografiert. "Mit Glück 3h30´- mehr sicher nicht" ruf ich ihr als pessimistische Prognose noch rasch zu. HM 21, 1 km passiere ich nach 1h34´41´´. In New York 1998 bin ich zuletzt die erste Hälfte so langsam angelaufen. Wo liegen die anderen Jungs? Erster "Verfolger" ist Ernst F. (HM 1h37´54´´), danach Gerald (1h40´08´´), Walter (1h49´33´´), Peter (1h55´12´´) und der durch eine Fußverletzung gehandicapte und fotografierende Gaisi (2h07´09´´). Die zweite Runde ist mit 22 km etwas länger als die Erste. Die Sonne brennt weiter unerbittlich. Am Anstieg beim "Greve von Essens väg" haben alle merklich zu kämpfen. Wir durchlaufen im großen Bogen die grüne Lunge der Stadt, das Naherholungsgebiet "Djurgarden". Wieder viele leicht bekleidete Menschen. Ich nutze jede der zahlreichen Duschen zur Abkühlung und trinke, was in den Körper reingeht. Die letzten Vorsätze schwinden. Ich will nur "gesund" ins Ziel kommen. Nun ist "Walking" angesagt - wie bei vielen anderen auch. km 25 - 1h54´12´´ - immer noch 17 km vor mir! Wir verlassen Djurgarden und laufen die Strandpromenade entlang. Mehr Leute - Sambatänzerinnen - Gerti & Ernst bei km 30 - 2h21´33´´. Die große Uhr am Hafen zeigt noch immer 30°C an. Ich gehe weite Strecken. Das "Heja, heja !" der unermüdlichen Anfeuerer hilft da auch nichts mehr. Ab km 33 folgt die zweite Bergwertung über die Västerbron-Brücke. And I´m just walking! km 35 - 2h53´45´´. Ich denke an Chicago letzten Oktober. Da war ich schon im Ziel! Irgendwo auf den folgenden Kilometern muss mich Ernst F. überholt haben. Ich seh ihn erst im Hotel wieder. Kurz nach km 38 passieren mich Gerald & Walter (Läuft als einziger einen "negativen Split", d.h. die zweite Hälfte schneller als die Erste!). "Super Burschen!" und ich marschiere weiter. Bei der nächsten Dusch-Station spritzt mir ein Helfer mit einem starken Wasserstrahl direkt ins Ohr - Aua! - aber es kühlt wenigstens. Vor der "St. Georgios Kirche" bei km 40 (3h31´31´´) werden Marsh Mallows angeboten. Süß und klebrig - igitt ! Lieber hätt ich jetzt ein "Öl". Erst als das Marathontor unmittelbar vor mir liegt, beginne ich zu traben und laufe ich das prächtige, voll besetzte Olympiastadion von 1912 ein. 3h 49´ 38´´ - ein Waterloo! Ernst F., Gerald und Walter haben noch das Beste aus der Situation gemacht. Peter, der 2h43´als Bestzeit stehen hat, wollte sich - so wie ich - nicht mehr quälen. Gaisi hat die Stimmung an der Strecke am ausgiebigsten genossen und etlich Filme verschossen. Auch den Kenianern war es heute etwas zu warm, was die "bescheidene" Siegerzeit von 2h21´zeigt. 12.435 Läufer erreichten das Ziel, d.h. eine Ausfallsrate von ca. 30% gegenüber der Nennliste. Das ist enorm. Fazit: Ein bestens organisierter Marathon. Die ganze Stadt nimmt aktiv daran teil, als Helfer oder Zuschauer. Durch das ständige Auf und Ab schätzte ich die Strecke noch schwieriger ein als New York mit seinen vielen Brücken.

Die Zeiten & Platzierungen:


Ernst FINK 3h29´48´´ 834. Gesamt/ 180. M40
Gerald PETZ 3h37´22´´ 1.175 Gesamt/ 153. M45
Walter HOLZER 3h37´47´´ 1.199 Gesamt/ 94. M40
Armin WASNER 3h49´38´´ 1.924 Gesamt/ 377. M40
Peter SCHWEIBERGER 4h07´36´´ 3.317 Gesamt/ 449 M45
Franz GAISBERGER 5h22´56´´ 8.756 Gesamt/ 1.659 M40

Zum Abschluss des Tages genehmigen wir uns noch einen Drink (Die "letzte Ölung", sozusagen!) in der Sky-Bar im 17. Stock des Hotels und verabschieden Ernst Fink. Er fliegt morgen früh nach Kalifornien um ein steirischen Team bei Radmarathon über 5.000 km "Race across America" zu betreuen. Und weil er gerade in Amerika ist, wird er dann noch einen Marathon in Alaska anhängen!

So, 10.6. - Das Frühstück läuft heute deutlich stressfreier ab als noch gestern. Die vielen Finnen sind mit den großen Fährschiffen wieder nach Hause gefahren. Wir wollen uns heute noch einen gemütlichen Sightseeing-Tag machen. Muskulär geht es uns allen relativ gut. Anderen Hotelgästen sind die Strapatzen – vor allem beim Stiegensteigen - viel deutlicher anzusehen. Unser erstes Ziel ist das "Vasamuseet". Das meistbesuchte Museum Schwedens zeigt das Kriegsschiff "Vasa", welches der damalige König Gustav ll Adolf bauen ließ. Schon bei seiner Jungfernfahrt 1628 sank das riesige Schiff und lag über 300 Jahre in den Meeresuntiefen vor Stockholm. 1961 hob man den Kiel, sowie 20.000 Wrackteile, konservierte sie und setzte das Schiff in mühevoller, jahrelanger Kleinarbeit wieder zusammen. Erst 1991 wurde das Museum dann eröffnet. Die Ausmaße dieses Kriegsschiffs sind gigantisch - absolut sehenswert. - Anschließend machen wir eine Bootsfahrt im Hafengebiet. Die einstündige Tour zeigt uns die Schönheiten der Stadt vom Wasser aus. Nach dem Mittagessen im urigen Restaurant "Fridays" bummeln wir noch durch die Innenstadt. Alle Geschäfte sind offen - ein ungewohntes Bild für uns Mitteleuropäer. Nach einer Ruhepause im Hotel treffen wir uns zu einem abschließenden Trip in die City. Noch einmal mit der "T-bana" zur Station "T-Centralen" (Hauptbahnhof). Schnell finden wir ein gutes Lokal wo wir, wie an all den Tagen, freundlich und schnell bedient werden. Übrigens: Das Essen ist hier, im Gegensatz zu den Getränken, um nichts teurer als bei uns. Kurz bevor wir gehen beginnt es zu regnen und es kühlt merklich ab. Tolles Timing - gestern wäre uns das lieber gewesen. Zeitgleich wie wir im Hotel eintreffen (23:00 Uhr) landet Ernst F. in Los Angeles, tausende Kilometer entfernt.

Mo, 11.6. - Heute ist Abreisetag. Der Regen hat sich verzogen - schon ab 04:00 Uhr scheint wieder grell die Sonne. Ein Großraumtaxi bringt uns zum Flughafen Arlanda. Die Rückreise geht wieder über Berlin nach München, wo sich die Gruppe wieder in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Eine tolle, aufregende Reise in ein faszinierendes Land geht zu Ende. Die gut harmonierende Gruppe hat einen großen Teil zum Gelingen dieses Laufausflugs beigetragen. Und es wurden auch schon wieder Pläne für 2008 geschmiedet. Vielleicht reist man dann gemeinsam nach Paris!? Um 22:00 Uhr treffen Lilli, Lisi, Gerald und ich wieder in St. Paul ein.

 
157 Bilder verfügbar in der Fotogalerie
   
 
   
ZURÜCK ZUR ÜBERSICHT